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Adaptiven Selbstbewertung

0 Zusammenfassung

Basierend auf der Definition relevanter Begriffe sowie der Darstellung einiger theoretischer Grundlagen des Qualitätsmanagements werden die traditionellen Formen des Qualitätsmanagements in sozialen Einrichtungen beschrieben. Im weiteren Verlauf stellen wir die nationalen und internationalen Normen zum Qualitätsmanagement (EN DIN ISO 9000 u. a.) vor und gehen auf den Leitfaden für den Aufbau eines Qualitätssicherungssystems in der Dienstleistungsbranche ein. Durch diesen Leitfaden kann sichergestellt werden, dass alle relevanten Entscheidungsprozesse innerhalb einer Organisation praxisgerecht geregelt sind. Die auf der Systemtheorie aufbauende Managementmethode des Total Quality Management erklärt die Qualität in allen zielführenden Arbeitsabläufen und Strukturen zur permanenten Aufgabe und zum zentralen Ziel des Managements. Die Steuerung günstiger Rahmen- und Prozessbedingungen für qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen basiert auf der Beteiligung aller Mitarbeiter und zielt auf Zufriedenstellung der Kunden, langfristige Geschäftserfolge sowie auf einen hohen Nutzen für die Mitglieder der Organisation und der Gesellschaft. Das Modell der European Foundation for Quality Management (EFQM) für Business Excellence beschreibt neun Kriterien qualitätsrelevanter Gestaltungs- und Ergebnisfaktoren, anhand derer der Weg einer Organisation hin zum Zustand der sog. „Excellence“ bewertet werden kann. Donabedian differenzierte diese Kriterien anhand von sog. Qualitätsdimensionen (Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität), wodurch einzelne Parameter der Qualität exakter definiert und operationalisiert werden konnten (vgl. Heiner 1996, S. 29). 

Die Systematik der adaptiven Selbstbewertung ermöglicht sozialen Einrichtungen die Entwicklung eines spezifischen Qualitätsmanagementsmodells. Durch die Festlegung von einrichtungsspezifischen Qualitätsstandards, die Vermittlung von notwendigen theoretischen Grundlagen und durch die Bewertung der Indikatoren kann das Qualitätsmanagement überprüft und können notwendige Schritte zur Qualitätsentwicklung eingeleitet werden.

1 Einleitung

1.1 Kontakt

„Qualität scheint das neue Zauberwort in der Sozialen Arbeit, besonders in der Jugendhilfe zu sein“ (Prölß 1999, S. 2). Die Forderung nach Qualität in der Sozialen Arbeit ist in aller Munde. Der Gesetzgeber fordert den Nachweis der Qualität im Pflegeversicherungsgesetz, im BSHG und seit 1999 auch im KJHG. Viele Einrichtungen, Träger und Verbände haben nicht auf ausführende Vorschriften gewartet, wie der Qualitätsnachweis zu erbringen sei, sondern entwickelten ein eigenes Qualitätsmanagementkonzept, durch das die Qualität regelmäßig überprüft und kontinuierlich fortentwickelt wird.

Bereits Klassikerinnen der sozialen Arbeit wie Mary Richmond und Alice Salomon definierten Gütekriterien und methodische Anforderungen von Sozialarbeit. In den 60er und 70er Jahren wurden formale und rechtliche Qualitätskriterien definiert. Im Zuge der Novellierung des Jugendwohlfahrtgesetzes wurden z.B. Mindeststandards bezüglich der organisatorischen Ausstattung von Einrichtungen festgelegt und es wurde eine Berichterstattungspflicht in Form von Bundesjugendberichten eingeführt (vgl. Puch und Westermeyer 1999, S. 101). In der Professionalisierungsdebatte der 70er und 80er Jahre wurden weitere Qualitätsüberlegungen angestellt. Dabei wurden ausschließlich fachliche und sozialpolitische Standards diskutiert, betriebswirtschaftliche Aspekte blieben ausgespart. Die eigentliche Auseinandersetzung über Qualität, Qualitätssicherung und schließlich Qualitätsmanagement begann Ende der 80er Jahre. Die Effizienzevaluation wurde notwendig, da ausgabenbewusste öffentliche Träger zunehmend wissen wollten, was mit den eingesetzten Mitteln eigentlich erreicht wurde. Inhalt, Umfang und Qualität der Angebote wurden zunehmend dokumentiert und als Standards im Sinne einer Beschreibung von Dienstleistungsqualität (vgl. Meinhold 1998, S. 39) gegenüber außenstehenden Instanzen formuliert.

Qualitätsmanagement, wie wir es verstehen, ist mehr als nur schmückendes Dekor und schnell erworbener Werbefaktor. Die Architektur dieses Konzeptes ist darauf aufgebaut, „Qualitätszertifikate" zu vermeiden, denn es macht wenig Sinn, nur Etiketten und Schilder auszutauschen und ansonsten alles beim Alten zu belassen. Das hier vorgestellte Verfahren basiert auf den Theorien zum Total Quality Management und beschreibt eine Systematik, die unter Einbeziehung aller Mitarbeiter aus allen Hierarchieebenen auf die kontinuierliche Verbesserung der erbrachten Leistung abzielt. Es wird sichergestellt, dass die Verantwortung für die Sicherung der Qualität die ureigenste Aufgabe der Einrichtungen als Anbieter von sozialen Dienstleistungen ist.

1.2 Thema

Das hier vorgestellte Konzept einer „adaptiven Selbstbewertung des Qualitätsmanagements“ zeigt Grundsätze und Maßstäbe für eine einrichtungs- bzw. trägerspezifische Bewertung von geeigneten Maßnahmen zur Qualitätssicherung und -entwicklung in der Jugendhilfe.

Wir gehen davon aus, dass spätestens seit der Novellierung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes zum 01.01.1999 jede (teil-)stationäre Einrichtung der Jugendhilfe Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung durchführen muss. Die Übernahme von in der Wirtschaft erprobten Qualitätsmanagementkonzepten (EN DIN ISO 9000 ff, EFQM) ist nicht ohne weiteres möglich. Die Qualität der pädagogischen Arbeit lässt sich kaum über operationalisierbare Standards messen. Daher scheint es sinnvoll, eine Systematik zu entwickeln, anhand derer eine Einrichtung bzw. ein Träger ein eigenes maßgeschneidertes Qualitätsmanagementsystem erarbeiten kann.

Dabei haben wir den Bezugsrahmen „Jugendhilfe“ gewählt, da wir in diesen Bereich die meiste praktische Erfahrung einbringen können. Sicherlich lässt sich dieses Konzept ohne größere Veränderungen auf andere Themenbereiche Sozialer Arbeit anwenden.

1.3 Ziele

Auch wenn wir mit dem Qualitätsmanagement am Ende sicher nicht alle Probleme der Wohlfahrtspflege lösen werden, erwarten wir doch von einer systematischen Qualitätsentwicklung vielfältigen Nutzen für alle, die als Akteure und Adressaten am Wohlfahrtssystem beteiligt sind. Was würde am Ende die ganze Qualitätsdiskussion für einen Sinn ergeben, wenn sie nicht den betreuten Menschen, auf deren Wohl unsere Organisationsziele ausgerichtet sind, zugute kommen würde? Letztendlich muss die Qualität bei den Bewohnern einer Einrichtung oder beim Nutzer eines sozialen Dienstes ankommen. Sie müssen sich gut aufgehoben fühlen und überzeugt sein, dass sie dort die erforderliche Hilfe erhalten. Anders als Bobzien (vgl. 1996, S. 10) gehen wir dabei nicht davon aus, dass sich Qualität und Sparsamkeit als Anforderungen an die Soziale Arbeit diametral gegenüberstehen. Vielmehr glauben wir, dass mit der Verbesserung der Effektivität und Effizienz sozialer Dienstleistungen immer auch eine Verbesserung der Kooperation (vgl. Schmidt 1996, S. 37) zwischen Klient und Produzent einhergeht.

Neben diesem eigentlichen Kernziel ist aus Sicht der Träger die Frage nach dem wesentlichen Nutzen für die Einrichtungen aber ebenso bedeutsam. Und hier lautet die Antwort: Qualitätsentwicklung erhält die Wettbewerbsfähigkeit. D.h. in Zukunft wird sich am besten behaupten können, wer die Leistungen auf einem akzeptierten und nachgewiesenen Niveau erbringt und sich mit diesem Angebot mit den klassischen Mitteln des Marketings öffentlich profilieren kann. Durch flexible Reaktion und Anpassung auf sich ändernde Wünsche und Anforderungen der Nutzer, der Angehörigen und der Kostenträger wird die Kundenzufriedenheit und damit letztendlich die Auslastung der Einrichtungen gesichert. Nur Dienstleister mit ausgeglichenen Haushalten sind in der Lage, auch in der Zukunft am Markt zu bestehen und dauerhaft einen qualitativ guten Dienst zu leisten. Da die Wohlfahrtspflege keine Fertigprodukte, sondern Dienstleistungen anbietet, ist der „Fertigungsprozess“ das Produkt. Jeder „Fehler“, der während dieses Prozesses auftritt, ist ein „Fehler“ am Produkt. Dies ist der Grund, warum Mitarbeiter die wichtigste Ressource für soziale Dienste sind. Nur wenn sie bestmögliche Voraussetzungen für die Erbringung der Dienstleistungen haben, von der Sinnhaftigkeit und dem Erfolg ihrer Arbeit überzeugt sind und in vollem Einklang mit dem Unternehmen stehen, werden sie optimale Dienstleistungen erbringen können.

Von Trägerseite kann mit den Kostenträgern sachlich fundierter um notwendige Gelder gestritten werden, weil Kosten und Nutzen transparent gemacht werden und weil entsprechend des Minimalprinzips der Wirtschaftlichkeit über konkrete Zielformulierungen eine Verknüpfung mit den dafür notwendigen Mitteln hergestellt werden kann. Dies hat aktuell besondere Bedeutung, da die Einrichtungen durch die Finanzkrise der öffentlichen Haushalte einem undifferenzierten Einspardruck ausgesetzt sind. Die kontinuierliche Bewertung der Qualität ergibt wichtige Hinweise auf Verbesserungspotentiale und ermöglicht einen Qualitätsvergleich mit komparablen Organisationen. Die gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen an die Dienste werden immer höher und komplexer, so dass Qualitätsmanagement potentielle Haftungsrisiken reduzieren kann.

Die Qualität in den Einrichtungen wird für die Kostenträger sichtbar und nachprüfbar entwickelt und gesichert. Sie erhalten Einblick in die geleistete Arbeit, nehmen Anteil an den Prozessen und wissen dadurch, "was sie für ihr Geld bekommen". Sie müssen von der Effektivität und der Effizienz überzeugt sein und über Umfang und Grenzen der angebotenen Dienste genaue Kenntnis haben, um diese Hilfen gezielt in Anspruch nehmen zu können. Durch stärkere Transparenz der Kosten-Nutzen-Relation im Hinblick auf die eingesetzten Mittel können die Kostenträger fundierter in die gesellschaftspolitische Diskussion um die Sicherstellung der Mittel eingreifen. Denn als gesellschaftliche Institutionen sind gerade auch die Argumente der Kostenträger ein unverzichtbarer und gewichtiger Faktor in der politischen Verteilungsdiskussion gegenüber den anderen gesellschaftlichen Interessensgruppen.

Die Verbände werden bei den Entgeltverhandlungen, die sie im Auftrag der Einrichtungen führen, zukünftig die Komponenten Leistungsbeschreibung, Qualitätsanforderungen und Vergütung auf einen gemeinsamen Nenner bringen können. Damit wird das Manko aufgehoben, dass häufig an einer Stelle über finanzielle Mittel und an anderer Stelle über Inhalte und Leistungen verhandelt wurde.

Wir gehen bei diesem Konzept davon aus, dass Klienten, Mitarbeiter, Träger und Kostenträger ein gemeinsames Interesse an einem einheitlichen, über die Grenzen einzelner Dienste hinausgehenden Qualitätsmanagementsystem haben, das Qualitätsentwicklung, -sicherung und -kontrolle mit einem geringstmöglichen Zeit- und Kostenaufwand realisiert. Das Qualitätsmanagementsystem soll dem Kostenträger, unabhängig von der Art der Finanzierung der Dienste, Sicherheit über die erbrachten Leistungen geben und dem Träger helfen, die Qualität der Dienstleistungen insgesamt zu verbessern.

1.4 Übersicht

Im ersten Kapitel (Einleitung) haben wir den Zugang zur Thematik über die Aussage „Qualität als Zauberwort sozialer Arbeit“ gewählt. Basierend auf den gesetzlichen Bestimmungen charakterisierten wir Qualitätsmanagement als eine der zentralen Aufgaben jeder sozialen Organisation. Dabei soll ein pragmatischer Nutzen für alle an der sozialen Dienstleistung Beteiligten (Klient, Mitarbeiter, Einrichtung, Träger, Kostenträger, Gesellschaft) entstehen.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den theoretischen Grundlagen des Qualitätsmanagements. Nach Klärung einiger zentraler Begrifflichkeiten (Qualität, Kunden, Qualitätssicherung, Qualitätsentwicklung, Qualitätsmanagement, Evaluation) stellen wir sowohl traditionelle Formen des Qualitätsmanagements als auch die Normenreihe EN DIN ISO 9000 ff, das unternehmensphilosophische Modell eines Total Quality Management, das systematisierte Modell der Europäischen Stiftung für Qualitätsmanagement sowie die sog. Qualitätsdimensionen Donabedians vor.

Die Systematik einer adaptiven Selbstbewertung ist Gegenstand und Inhalt des dritten Kapitels. Damit geben wir sozialen Einrichtungen und speziell Einrichtungen der Jugendhilfe eine klare und nachvollziehbare Handlungsanleitung für die Entwicklung eines einrichtungs- oder trägerspezifischen Qualitätsmanagementsmodells an die Hand. Wir zeigen auf, mit welchen Methoden und anhand welcher Fragestellungen konkrete Qualitätsstandards in Bezug auf die Potential-, Prozess- und Ergebnisqualität entwickelt und festgelegt werden können. Zudem schlagen wir eine detailliert beschriebene Selbstbewertung des Qualitätsmanagements vor und zeigen auf, mit welchen didaktischen Mitteln diese umgesetzt und zur tatsächlichen Qualitätsverbesserung genutzt werden kann.

Diese Arbeit endet mit einer kurzen Zusammenfassung der wesentlichsten Aussagen und einem Ausblick auf noch offene Fragestellungen.

2 Theoretische Grundlagen

Qualitätsentwicklung, Qualitätssicherung, Null-Fehler-Qualität, Qualitätsmanagement und Total Quality Management (TQM) dominieren als Schlagworte die Diskussion über die Weiterentwicklung sozialer Einrichtungen. Wer mit der Qualitätsdiskussion nicht vertraut ist, müsste zu dem Schluss kommen, dass bisher Leistungen ohne jede Qualität erbracht wurden. Dies zu behaupten wäre natürlich Unsinn, denn das Bemühen um qualitativ gute Sozialarbeit ist nichts Neues. Trotzdem ist es kein Zufall, dass die Qualitätsdiskussion die gegenwärtige Debatte beherrscht. Die Ursachen liegen in den rasanten Veränderungen der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für soziale Arbeit.

Der Gesetzgeber hat 1995 für den Pflegebereich und 1999 für die Hilfen nach dem Bundessozialhilfe- und dem Kinder- und Jugendhilfegesetz Qualitätssicherung bzw. Qualitätsentwicklung für stationäre und teilstationäre Einrichtungen verbindlich vorgeschrieben. Damit verdeutlicht der Gesetzgeber seine Unzufriedenheit mit der bisherigen Entwicklung und dem status quo. Er reagiert somit auf die relative Beliebigkeit der Hilfsangebote und auf deren geringe Transparenz. Mithin legt er Rahmenbedingungen fest, die freie Träger erfüllen müssen, wenn sie finanzielle Mittel für ihre Leistungen erhalten wollen. Zwischen freien und öffentlichen Trägern der Jugendhilfe sind zukünftig Vereinbarungen über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistungsangebote sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung (Qualitätsentwicklungsvereinbarung) abzuschließen (vgl. § 78 b SGB VIII).

Vergegenwärtigen wir uns die veränderte Ausgangslage: Die Träger sozialer Einrichtungen sehen sich heute zunehmend gefordert, die Qualität ihrer Arbeit öffentlich nachzuweisen; einerseits gegenüber den Geldgebern im Sinne einer angemessenen Kosten-Nutzen-Relation und andererseits gegenüber den Adressaten und Nutzern der Einrichtungen und ihrer Angehörigen, die als Kunden - wie sie häufig fälschlicherweise genannt werden - erhalten und gewonnen werden sollen. Leider müssen wir außerdem eine zunehmende Skepsis in der Öffentlichkeit gegenüber den Einrichtungen der Wohlfahrtspflege hinsichtlich deren Qualität, Leistungsfähigkeit und Transparenz feststellen. Dies führt zu steigenden Anforderungen an Fachlichkeit, Wirtschaftlichkeit und Qualität der Dienstleistungen. Angesichts knapper Mittel und tendenziell wachsender Konkurrenz haben Qualitätsentwicklung und -sicherung für viele Einrichtungen eine existenzielle Bedeutung.

Aus der Analyse der mittlerweile zahlreich auf dem Markt zirkulierenden Konzepte zum Qualitätsmanagement lassen sich grob zwei Stoßrichtungen erkennen: Konzepte, die eine Organisationsentwicklung der Träger beinhalten und Konzepte, die auf Gremienstrukturen aufbauen. Besonders die Kostenträger schlagen häufig Konzepte vor, die einseitig auf Gremienstrukturen basieren. Danach sollen in den Gremien Qualitätskriterien entwickelt, diskutiert und festgelegt und durch die jeweiligen Gremien kontrolliert werden.

Nach unserer Einschätzung ist eine solche Struktur aber nur eine Modernisierung der bisherigen Diskussionen um fachliche Standards mit neuen Begrifflichkeiten aus der Qualitätsdebatte. Es ist für uns zwar nachvollziehbar, dass der Logik und den Interessen der Kostenträger entsprechend eher dieser Weg vorgeschlagen wird - wir befürchten aber, dass dieser Weg zu bürokratischen Verfahren führt, die am Ende die eigentlichen Ziele der Qualitätsentwicklung nicht voranbringen werden. Dieser Ansatz greift deshalb zu kurz, weil eine Qualitätsentwicklung nur unter Berücksichtigung des gesamten Unternehmens, d.h. aller Ebenen wie z.B. der Organisationsstrukturen, der Führung und der finanziellen Ressourcen, gelingen kann.

Qualitätsmanagement - wie wir es verstehen - setzt ein Lernen der Organisationen im Sinne der Weiterentwicklung von Unternehmenszielen und Organisationsstrukturen voraus. Aus Erfahrung wissen wir, dass Entwicklungsprozesse in Organisationen mit Konflikten und Abwehrmechanismen einhergehen. Diese natürlichen und unausweichlichen Reaktionen müssen aufgefangen werden.

Es gibt eine Vielzahl von Qualitätsmanagement- und Zertifizierungsverfahren, Qualitätserfassungsinstrumenten, Qualitätssicherungs- und Entwicklungsinstrumentarien mit unterschiedlichen Zielstellungen, Verfahrensweisen, Möglichkeiten zur Selbst- oder Fremdevaluation und externen Prüfungen für die Verfahren und Ergebnisse. Als Methode zur Qualitätsentwicklung schlagen wir das EFQM-Bewertungsmodell, das von der European Foundation for Quality Management - daher die Abkürzung EFQM - vertreten wird, in Verbindung mit einer Selbstbewertung vor. Es handelt sich hier um eine ganzheitliche Betrachtung und Bewertung der „Qualitätsfähigkeit“ einer Organisation, sowohl hinsichtlich des Managements und der Dienstleistungsprozesse als auch hinsichtlich der Ergebnisqualität.

Besonders das Einbeziehen der Kriterien der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit und der Geschäftsergebnisse in die Qualitätsbewertung ist für uns der richtungsweisende Weg, weil er den spezifischen Verhältnissen der Einrichtungen der Wohlfahrtspflege gerecht wird. Das EFQM-Modell setzt auf eine regelmäßig wiederholte Selbstbewertung, die gleichermaßen Anstoß zur Qualitätsverbesserung und Erfolgskontrolle der Umsetzung von Verbesserungen ist.

2.1 Begriffsklärung

2.1.1 Soziale Arbeit

Der Fokus dieses Konzepts liegt auf der Jugendhilfe bzw. auf den Erziehungshilfen im Sinne der §§ 27ff SGB VIII. Es lässt sich aber jederzeit auf andere Schwerpunkte der sozialen Arbeit übertragen. Daher definieren wir analog zu Heiner, Meinhold, von Spiegel und Staub-Bernasconi (vgl. 1995, S. 288) Soziale Arbeit als Überbegriff für Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Sie hat das Ziel, „Menschen bei der Problembewältigung im Alltag zu unterstützen - seien es individuelle Beeinträchtigungen (Handicap) oder situative Anforderungen oder strukturelle Benachteiligungen (Deprivation) -, die es im Sinne einer konstruktiven Auseinandersetzung und im Hinblick auf ein gelingendes Leben zu beeinflussen gilt“ (Mühlhum 1997, S. 19). Soziale Arbeit wendet sich hierbei mit ihrer spezifischen Kompetenz nicht nur an gesellschaftlich benachteiligte Gruppen, sondern an alle Bürger und Bürgerinnen. Dies impliziert den Dienstleistungscharakter sozialer Arbeit und die dazugehörige Adressatenorientierung.

2.1.2 Qualitätsdefinition

 „Problematisch ist bei allen gesetzlichen Vorgaben die Unbestimmtheit, was eigentlich unter dem Begriff ‚Qualität sozialer Dienstleistungen’ zu fassen ist" (Reese 1999, S. 12). Die Definition von Qualität und im Nachgang von konkreten Qualitätsstandards bleibt nach wie vor den Einrichtungen überlassen.

Daher nähern wir uns der Qualitätsdefinition erst einmal über den Begriff Qualität: Das Wort „Qualität“ stammt von dem lateinischen Wort „qualitas“ und wird übersetzt mit „Beschaffenheit“ und „Eigenschaft“. Laut Brockhaus bezeichnet Qualität die „Gesamtheit der charakteristischen Eigenschaften (einer Person oder Sache)“ (Brockhaus-Enzyklopädie 1992, S. 662), die Beschaffenheit und die Güte. Daraus ergeben sich Qualitätsanforderungen (vgl. Kamiske 1993, S. 126), die sich an verschiedenen Gesichtspunkten wie Leistung, Brauchbarkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit, Umwelt, Wirtschaftlichkeit oder Ästhetik orientieren. Dieser objektive Qualitätsbegriff kann dahingehend erweitert werden, dass mit Qualität die Gesamtheit von Merkmalen eines Produktes oder einer (Dienst-)Leistung, die sich auf vereinbarte und festgelegte Kriterien bezieht, beschrieben wird. Daher gehen wir von keiner absoluten und unveränderlichen Größe aus, sondern beziehen subjektive Empfindungen und Beurteilungen mit ein. Qualität ist immer abhängig von Wertentscheidungen unter bestimmten Bedingungen (vgl. Heiner 1998, S. 52). Diese Wertentscheidungen basieren auf der Festlegung von Normen bzw. Soll-Standards. Sie sind der Maßstab zur Beurteilung der Qualität. Wird Qualität erreicht, entspricht sie der Soll-Beschreibung. Qualität wird demnach vorher beschrieben und nach der Erbringung gemessen. Die Übereinstimmung zwischen vorformulierter und realisierter Beschaffenheit beschreibt Geiger (1994, S. 56) als „weltweit einheitliche“ Definition von Qualität.

Qualität im Sinne der Industrie wird in keiner Weise inhaltlich, sondern ausschließlich unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten definiert. Unter dieser Perspektive geht es vor allem um Kosten. Liefert ein Betrieb nicht die Qualität, die der Kunde erwartet, entstehen Kosten - Reklamationen, Nacharbeit, Haftung - und die bereits durch die Herstellung der Produkte entstandenen Kosten sowie die Kosten der Betriebsanlage können nicht erwirtschaftet werden. Also: Die vom Kunden erwarteten (und bezahlten) Qualitätsstandards (Maelicke 1996, S. 55) müssen erfüllt werden. Das ist klar. Klar ist aber auch: Diese Standards dürfen nicht (wesentlich) übererfüllt werden, denn dann steigen die Herstellungskosten, ohne dass der Kunde bereit ist, entsprechend höhere Preise zu bezahlen. Der Kunde, der ein Auto von der Art eines „VW Golf“ sucht, ist nicht bereit (oder nicht in der Lage), die Kosten eines Wagens von der Qualität eines „BMW 7er“ zu begleichen. Selbstverständlich gibt es einen Begriff von Qualität, demzufolge die „Süddeutsche Zeitung“ eine andere Qualität bietet als die „Abendzeitung“. Sollte sich aber die Redaktion der „Abendzeitung“ entschließen, ihr Blatt an das Qualitätsniveau der „SZ“ anzugleichen, werden ihr die Käufer wegbleiben, weil sie diese Qualität nicht wünschen. Also: Qualität ist, was der Kunde als solche verlangt.

Man kann natürlich über einen solcherart durch rein wirtschaftliche Erwägungen bestimmten Qualitätsbegriff die Nase rümpfen und demgegenüber einen inhaltlichen Qualitätsbegriff (siehe Zeitungsbeispiel) einfordern. Bevor man aber diesen wirtschaftlich bestimmten Begriff von Qualität kurzerhand vom Tisch fegt, sind zwei Dinge zu berücksichtigen:

Einerseits war dies schon immer das Verständnis von Qualität in der Marktwirtschaft: Ich kann auf Dauer nur jenes Produkt verkaufen, das ausreichend viele Menschen so attraktiv finden, dass sie es erwerben wollen, wobei sie in der finanziellen Lage und willens sein müssen, den Preis, der meine Kosten deckt und mir erlaubt, weiter zu wirtschaften, auch aufzubringen.

Andererseits - und das erscheint uns im Zusammenhang mit sozialer Arbeit besonders wichtig - wird hier deutlich, dass außerordentlich viel vom Wissen darüber abhängt, was der Kunde will oder benötigt und welchen Preis er dafür zu entrichten bereit und in der Lage ist. Die Schnittstelle zum (potentiellen) Kunden wird hier extrem relevant. Nur wenn man sich dieses Wissen verschafft und kontinuierlich weitere Feedbacks darüber einholt, wie das Produkt oder die Leistungen angenommen und welche Änderungen gewünscht werden, ist man imstande, so zu arbeiten, dass die Arbeit auch immer wieder in ausreichendem Maße nachgefragt wird. Dies bedeutet auch, dass das Handeln pädagogischer Institutionen daraufhin überprüft werden kann, ob es sich an den allgemein anerkannten Regeln orientiert. Insofern kann die Qualität sozialer Dienstleistungen als eine Beschreibung deren Inhalts, Umfangs und Preises definiert werden. Wie oben festgestellt, wird Qualität durch den Kunden bestimmt. Der Kunde „öffentlicher Träger“ wird sicherlich künftig besser darauf achten, wo er welche definierten Leistungen zu welchem Preis erhält.

2.1.3 Kundendefinition

Traditionell wird die Frage, für wen eine Sache produziert oder eine Dienstleistung erbracht wird, mit dem Hinweis auf den „Kunden“ beantwortet. In der Industrie und im Handel ist dieser Kundenbegriff sicherlich richtig. Qualität muss sich an den Ansprüchen der Kunden orientieren, die Kundenzufriedenheit stellt eine maßgebliche Bezugsgröße dar.

Für die Beschreibung der Qualität von sozialer Arbeit ist der Kundenbegriff aber eher missverständlich. Derjenige, der in der sozialen Arbeit die Dienstleistung entgegennimmt oder erhalten soll, ist aber nicht der eigentliche Kunde. Heiner (vgl. 1998, S. 52) schlägt vor, von zwei verschiedenen Kundenkreisen auszugehen. Auf der einen (Kunden-)Seite steht der Klient als Adressat, auf der anderen der Staat als Kostenträger. Der „Kunde Staat“ kauft die Dienstleistung, konsumiert sie aber nicht. Der „Kunde Klient“ konsumiert sie, muss sie aber überwiegend nicht bezahlen. Meinhold (vgl. 1998, S. 40) erweitert den Kundenbegriff auf alle an der Dienstleistung beteiligten Personen. Ihre „Kundenperspektive“ bezieht sich auch auf Trägervertreter und Mitarbeiter. Brack (vgl. 1995, S. 5) definiert den Kundenbegriff mit der Bezeichnung Klientensystem und bezieht damit alle unmittelbar am Beratungsprozess Beteiligten als Nutznießer ein.

Wir möchten vor einer inflationären Verwendung des Kundenbegriffs warnen. Uns scheint hinsichtlich relevanter Qualitätsstandards eine klare Abgrenzung zwischen Klienten, Kostenträgern, Mitarbeitern und Trägern zwingend angezeigt. Im Einzelnen mögen die Qualitätsziele vielleicht ähnlich sein, spätestens bei der Evaluation muss aber zwischen den Zielgruppen präzise unterschieden werden.

2.1.4 Qualitätssicherung, Qualitätsentwicklung und Qualitätsmanagement

Die Begriffe Qualitätssicherung, Qualitätsentwicklung und Qualitätsmanagement werden in der Praxis und in weiten Teilen der Literatur unabgegrenzt nebeneinander und z.T. synonym verwendet. Durch die Neuregelung der §§ 78ff im SGB VIII hat sich zudem ein Diskurs um die Fragestellung, ob der Begriff Qualitätssicherung aus dem BSHG und der Begriff der Qualitätsentwicklung aus dem KJHG zu unterschiedlichen Entwicklungen des Qualitätsmanagements im Sozialhilfe- und Jugendhilfebereich führen werden.

Unbestritten ist, dass in den Arbeitsfeldern der Sozialhilfe mit dem Begriff der Qualitätssicherung eine stärkere Orientierung an Kontrollmechanismen durch die Kostenträger verbunden ist, als in den Arbeitsfeldern der Jugendhilfe mit dem Begriff der Qualitätsentwicklung.

Unter der Bezeichnung Qualitätssicherung werden nach Meinhold (vgl. 1998, S. 449) diejenigen Aktivitäten und Maßnahmen beschrieben, die dem Formulieren, Erreichen und Überprüfen der Qualitätsziele dienen. Er merkt weiter an, dass dies in Bezug auf die Qualitätsstandards der Arbeitsprozesse auch in Form von kollegialer Beratung und Supervision erfolgen kann. Brack (vgl. 1995, S. 6) geht noch einen Schritt weiter und definiert Qualitätsstandards als normative Setzung und schreibt der Qualitätssicherung die Aufgabe zu, professionelle Standards von Berufsorganisationen oder Gesetzen durchzusetzen. Die Gesetzestexte der Sozialgesetzbücher (BSHG, Pflegeversicherungsgesetz) verwenden „Qualitätssicherung“ als zentralen Begriff und verorten die diesbezüglichen Maßnahmen in den Leistungsverträgen. Danach umfasst Qualitätssicherung die von den Einrichtungen geplanten Aktivitäten, die die Erfüllung der Qualitätsmerkmale der vertraglich festgelegten Leistung gewährleisten. Die Qualitätsentwicklung kommt nach dieser Vorstellung dadurch zustande, dass veränderte Anforderungen der Adressaten, Arbeitserfahrungen der Fachkräfte und Wünsche des Kostenträgers zur Veränderung der Leistungsverträge führen. Im KJHG wird das Prozesshafte von Qualität durch den Begriff „Qualitätsentwicklung“ ausgedrückt.

Für die hier beschriebene Systematik soll jedoch gelten, dass unabhängig von der gesetzlichen Finanzierungsgrundlage Qualitätsmanagement als ein ständiger Entwicklungsprozess, der die Einrichtungen und Dienste im Sinne einer lernenden Organisation begleitet, begriffen wird. Wir gehen dabei von einer dreidimensionalen Begriffsbestimmung aus. Qualitätsstandards beschreiben die Qualitätsziele eines Trägers oder einer Einrichtung. Sie sollten möglichst operationalisiert sein, um sie einer (Selbst-)Bewertung zugänglich zu machen. Die Qualitätssicherung beschäftigt sich mit der Sicherstellung, dass die vorher festgelegten Qualitätsstandards auch umgesetzt werden. Man könnte hier auch das Wort Qualitätskontrolle verwenden. Qualitätsentwicklung schließt Qualitätssicherung ein, basiert aber auf der kontinuierlichen Weiterentwicklung von Qualitätsstandards und deren Kontrolle. Somit werden Qualitätsniveau und Kontrollniveau ständig wechselseitig erhöht.

Qualitätsmanagement ist der Sammelbegriff für alle Führungs- und Steuerungsaufgaben zur Qualitätssicherung, -entwicklung und -verbesserung und hat den bisherigen Oberbegriff Qualitätssicherung abgelöst (vgl. Kamiske 1995, S. 148). Die „International Standardization Organisation“ definiert daher Qualitätsmanagement als künftigen Oberbegriff „für die Gesamtheit qualitätsbezogener Tätigkeiten“ (Geiger 1994, S. 70). Es hat die Aufgabe, das Qualitätsbewusstsein zu einem umfassenden Denk- und Handlungsansatz in der Organisation zu erheben. Es muss sich folglich in der Unternehmensphilosophie, im Führungskonzept und im alltäglichen Selbstverständnis der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wiederfinden. Grundlage sind Denk- und Verfahrensansätze des Lean Management (schlankes Management), eines Konzeptes aus Amerika und Japan, das als Element den kontinuierlichen Verbesserungsprozess in kleinen, nicht kostspieligen Schritten enthält. Im Allgemeinen umfasst Qualitätsmanagement Entwicklung und Fortschreibung von Qualitätsstandards, Förderung ihrer Umsetzung und Überprüfung der Ergebnisse. Die betriebliche Organisation und die betrieblichen Abläufe sollen bewusst so gestaltet werden, dass mit Gewissheit qualitativ einwandfreie Waren oder Leistungen produziert werden und Fehler nicht entstehen. Falls doch ein Fehler entsteht, soll er sofort an seinem Entstehungsort erkannt und das fehlerhafte Teil unverzüglich entfernt werden. Diese Fehlerbehebung soll so schnell wie möglich Konsequenzen in der Form nach sich ziehen, dass durch Modifikation des Produktionsablaufes oder der Leistungserstellung dieser Fehler kein zweites Mal entsteht. Qualität bezieht sich demnach nicht nur auf das Produkt, sondern auch auf die betriebliche Organisation und die betrieblichen Abläufe, die das perfekte Produkt hervorbringen sollen.

Bei der Einführung und Umsetzung von Qualitätsmanagement im Sinne eines neuen Organisations- und Steuerungsmodells handelt es sich im Grunde „um pädagogisches Controlling, also um die Sicherstellung, dass die verfügbaren Mittel effektiv im Sinne der Ziele eingesetzt werden. Wenn es der Pädagogik nicht gelingt, dieses Feld überzeugend selbst zu besetzen, wird sich die Betriebswirtschaft hier ausschließlich zuständig fühlen" (Klauß 1999, S. 20). Die Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems orientiert sich dabei an den Dienstleistungserfordernissen der Betreuten, der Nachfrage, dem Angebot, der Erbringung und der Analyse und Verbesserung der Dienstleistung.

Man kann auch sagen: Qualitätsmanagement zielt darauf ab, die technischen, organisatorischen und menschlichen Faktoren der Produktions- oder Leistungserstellung zu beherrschen. Hierzu braucht es mehr als die sozialtechnokratische Installation einer „Qualitätsverwaltung“. Vielmehr müssen die Mitarbeiter und Leitungen der Einrichtungen und Dienste davon überzeugt sein, dass Qualitätsmanagement die Arbeit professionalisiert und erleichtert und dadurch die Kunden (Klienten und Kostenträger) von der Effektivität der Arbeit überzeugt.

Qualitätsmanagement wird für alle Beteiligten nur von Nutzen sein, wenn alle am Prozess der Entwicklung beteiligt werden, dies betrifft die Betroffenen (Klienten), die Kostenträger, die Mitarbeiter, die Leitungen und die Unternehmen. Hier muss ein Kommunikationsprozess entstehen, der Kooperation zur Folge hat.

Vielfach hören wir das Argument, Qualitätsmanagement habe nur zum Ziel, die geplanten Einsparungen der Kostenträgerseite zu verschleiern und besser durchsetzen zu können. Diese Einwände lassen die fachlich inhaltlichen Aspekte, die Qualitätsmanagement bietet, außer Acht. Qualitätsmanagement eröffnet neue Möglichkeiten zur Professionalisierung und zur inhaltlichen Systematisierung von sozialer Arbeit. Qualitätsmanagement fördert Menschen, die in der Lage sind, selbstbewusst und kritisch die eigene Arbeit zu reflektieren, neue Ideen zuzulassen und an deren Umsetzung kreativ und konstruktiv zu arbeiten. Nur in einem Klima der Transparenz, Offenheit und der Bereitschaft zur Kooperation kann Qualität gedeihen, die allen von Nutzen ist.

2.1.5 Evaluation

Mit dem Stichwort „Evaluation“ wird häufig eine wissenschaftliche Tätigkeit assoziiert, die von empirischen Sozialforschern ausgeübt wird (vgl. Frey 1997, S. 14). Mit spezifischen Methoden werden dabei die gesammelten Daten ausgewertet und Ergebnisse bezüglich der Wirksamkeit von untersuchten Projekten dargestellt. „Ein möglicher Zweck von Evaluation kann die Qualitätssicherung sein, aber im Vordergrund von Evaluationsvorhaben stehen häufig andere sozialwissenschaftliche (Forschungs-)Ziele“ (Brack 1995, S. 7).

Evaluation liefert Informationen, die für das Qualitätsmanagement genutzt werden können (vgl. Heiner 1996, S. 20). Von Brack und Heiner wird der Zugang zur Qualitätssicherung über die Evaluation von Dienstleistungen gewählt, da nicht empirisch abgesicherte Qualitätskriterien in Form von normativen Setzungen wenig nützlich sind und leicht angezweifelt werden können. Eine zumindest minimalen wissenschaftlichen Standards genügende Evaluation wird als wichtige Voraussetzung zur Qualitätssicherung gesehen (vgl. Brack 1995, S. 13).

Grundsätzlich lassen sich verschiedene Evaluationsansätze hinsichtlich des Verhältnisses der Evaluatoren zur untersuchten Organisationseinheit, Auswahl des Evaluationsgegenstandes und grundlegenden Zielsetzung der Untersuchung unterscheiden (vgl. Heiner 1998, S. 56). Im Hinblick auf das Verhältnis der Evaluatoren zum Untersuchungsgegenstand kann zwischen externer und interner Evaluation differenziert werden. Bei der externen Evaluation wird die Arbeit der Organisation durch externe Gutachter untersucht, bei der internen durch Mitarbeiter der Organisation. Beim Untersuchungs- bzw. Evaluationsgegenstand kann zwischen Fremd- und Selbstevaluation (vgl. Geiger 1994, S. 72) unterschieden werden. Grundsätzlich wird bei der Selbstevaluation das eigene berufliche Handeln mit seinen Konsequenzen erforscht. Potentiell birgt dies die Gefahr, die Bewertung je nach Gebrauch und Bedarf im Sinne einer „Beschönigung“ zu verfälschen. Die Fremdevaluation befasst sich dagegen mit der Untersuchung des Handelns anderer Personen. Dies können Personen der gleichen Hierarchieebene sein, aber auch höher- oder niedriger gestellte Personen.

Abhängig von der Zielsetzung sind auch Kombinationen (vgl. Heiner 1998, S. 56) von externer und interner Evaluation und von Fremd- und Selbstevaluation möglich. Beispielsweise kann eine Organisation externe Fachleute beauftragen, Evaluationsinstrumente zu entwickeln, welche dann von den Mitarbeitern selbst im Rahmen einer internen Evaluation eingesetzt werden.

Bei allen Evaluationsansätzen kann in Bezug auf die Zielsetzung zwischen formativen und summativen Studien (vgl. Heiner 1998, S. 56) unterschieden werden. Formative Evaluation beschränkt sich dabei nicht auf die Feststellung, wie erfolgreich oder auch erfolglos ein Dienstleistungsangebot ist, sondern kann außerdem durch Prozessbegleitung und dem Vergleich einer Vorher-Nachher-Situation dazu beitragen, dass sich die untersuchte Organisation durch die Informationen und Rückmeldungen der Evaluatoren kontinuierlich korrigiert und ihr Angebot verbessert.

Brack (vgl. 1995, S. 15) merkt bezüglich der Vorteile der Selbstevaluation an, dass derjenige, der sagen soll, ob die eigene Arbeitsqualität gut ist, zuerst einmal wissen muss, was er tut. Ein Überblick über die eigenen Tätigkeiten sollte vorhanden sein und auch ein Blick dafür, wie viel Zeit für verschiedene Tätigkeiten aufgewendet wird. Es wird bei der Selbstevaluation von allen Mitarbeitern gleichermaßen gefordert, dass sie selbst nach den Wirkungen ihres Einsatzes fragen. Darüber hinaus ist die zu erwartende Passgenauigkeit (vgl. Heiner 1998, S. 53) für die jeweilige Organisationseinheit und die Qualifizierung der Beteiligten durch die aktive Teilnahme an der Gestaltung des Evaluationsprojektes von Vorteil.

Es scheint verlockend, Formen interner Evaluation und Selbstevaluation zu forcieren, gleichzeitig jedoch ergeben sich daraus auch Probleme (vgl. ebd., S. 51). Die betroffenen Mitarbeiter könnten sich nach Mittelkürzungen und Aufgabenerweiterungen wehren, diese weitere Aufgabe zu leisten. Ressourcen müssen ggf. aus anderen Bereichen abgezogen bzw. neu geschaffen werden. Laut Heiner (vgl. ebd., S. 51) kann diesen Problemen einzig in der Weise begegnet werden, dass interne Evaluation mit Selbstevaluation nur im Rahmen eines partizipativen Qualitätsmanagements und Personalentwicklungskonzept betrieben werden kann.

2.2 Methoden des Qualitätsmanagements

Die Wurzeln aller heutigen Methoden oder Modelle zum Qualitätsmanagement gehen auf die 20er und 30er Jahre in den USA zurück. Damals wurde erkannt, dass „es erheblich billiger ist, Qualität und Zuverlässigkeit von vornherein in ein Produkt einzubauen, als sich später mühsam mit Defekten und Reparaturen auseinanderzusetzen“ (Glaap 1997, S. 11). Nach Meinung des amerikanischen Statistikers W. Edwards Deming entstanden 94% aller Fehler im System und nur 6% durch individuelle Fehler der beteiligten Mitarbeiter. Aus dieser Erkenntnis leitete er die Forderung auf eine Verpflichtung zum „Top Management“ (ebd., S. 11) ab und legte den Grundstein für das weiter unten beschriebene Total Quality Management.

2.2.1 Traditionelle Formen des Qualitätsmanagements

In der Vergangenheit wurde im Sozialbereich mit Qualität eine möglichst gute Betreuungsarbeit assoziiert. Einrichtungskonzeptionen waren sehr allgemein formuliert. Einrichtungsleitungen stellten Ressourcen zur Verfügung (Input-Orientierung), anstatt klare Ziele vorzugeben und Ergebnisse zu kontrollieren (vgl. Klauß 1999, S. 7). Qualitätssicherung wurde einerseits durch sog. wissenschaftliche Begleitungen hinsichtlich der Zielerreichung von Maßnahmen durchgeführt. Andererseits nahmen die Teamarbeit, Fallbesprechungen, Organisationsberatung, Supervision und nicht zuletzt die Fachaufsicht Aspekte von Qualitätsentwicklung wahr.

Das Verhältnis der Einrichtungen zu den Kostenträgern war ambivalent. Zwar vertrauten die Kostenträger den Einrichtungen und ihrem guten Namen, der Qualität und Verlässlichkeit signalisierte, aber sie misstrauten ihnen, wenn es um finanzielle Forderungen ging. Die Einrichtungen forderten immer mehr, als sie tatsächlich einplanten, da sie von vornherein davon ausgingen, dass ihre Forderungen gekürzt würden (vgl. ebd., S. 7).

Auch das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer war von Vertrauen und Verlässlichkeit geprägt. Kontrolliert wurden bestenfalls die Arbeitszeit und die Untadeligkeit. ,,Die Auswahl der Mitarbeiter (z.B. die geforderte Kirchenmitgliedschaft) spielt bei einem solchen Modell eine zentrale Rolle: Man muss sich auf das Engagement der Leute verlassen können, die man einstellt" (ebd., S. 8).

Was es hingegen schon immer gab, das ist die Qualitätskontrolle. Bei der Qualitätskontrolle werden Produkte daraufhin geprüft, ob sie bestimmte Anforderungen erfüllen. Ist dies der Fall, können sie das Herstellerwerk verlassen. Wenn nicht, müssen Nachbesserungen vorgenommen werden oder die fehlerhaften Produkte kommen zum Ausschuss, der dann weit unter den Gestehungskosten verkauft wird oder - was wahrscheinlicher ist - nach teurer Herstellung, teurer Prüfung und zusätzlichem teuren Lagern auch noch kostenpflichtig entsorgt werden muss. Vielleicht gelangt gar fehlerhafte Ware zum Kunden, führt dort zu Verärgerungen, u.U. zu weiteren Kosten (Produkthaftung) und zu Imageverlusten.

Der neue gedankliche Ansatz ist nun der: Nicht erst produzieren und dann die Qualität des Produktes kontrollieren, sondern durch die richtige Organisation des Betriebes und der betrieblichen Abläufe dafür sorgen, dass Qualität produziert wird. Deshalb werden auch die Begriffe „Qualitätsstrategie“ und „Qualitätsmanagement“ und nicht mehr „Qualitätssicherung“ verwendet.

Die Bewertung der Dienstleistungsqualität von Sozialarbeit ist wesentlich schwieriger als die eines Industrieproduktes. Relevante Qualitätsstandards sollten nur von Fachleuten der Sozialarbeit und ggf. von Klienten definiert werden. Die Qualitätsziele müssen sich am Nutzen für das Klientensystem und vor allem am Grad des Empowerments (vgl. Galuske 1999, S. 229), also der Stärken- und Ressourcenorientierung, messen lassen. Dabei ist es erforderlich, exakt zu beschreiben, welche Dienstleistung für wen und in welcher Weise erbracht wird, was dafür gebraucht wird und welche Ergebnisse zu erwarten sind (vgl. Meinhold 1998, S. 39).

2.2.2 EN DIN ISO 9000 ff. Normenreihe

Die Normenfamilie EN DIN ISO 9000 ff. entstand aus einer Vielzahl von nationalen und internationalen Normen. Sie gelten international als ISO-, europaweit als EN- (Europäische Norm) und in Deutschland als DIN-Normen (Deutsche Industrie Norm). Die International Organization for Standardization definiert Qualität als „die Gesamtheit der Merkmale einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte oder vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen (DIN ISO 8402)“ (vgl. Puch und Westermeyer 1999, S. 104). Qualität wird als relative Größe verstanden, die sich erst durch den Bezug auf einen Maßstab oder auf die Anforderungen an das Produkt/die Leistung ergibt.

Die Norm EN DIN ISO 9000 ist in 20 Kapitel unterteilt, wovon jedes eine Norm bzw. eine Vorschrift für die Industrieproduktion enthält. In der EN DIN ISO 9004 ist ein Leitfaden für den Aufbau eines Qualitätssicherungssystems zu finden. Die EN DIN ISO 9004/2 stellt einen Leitfaden für die Dienstleistungsbranche (vgl. Strotmann 1998, S. 22) dar und „beschreibt dabei einen über die Zertifizierungsnormen hinausgehenden Ansatz, der auch Aspekte von Kundenorientierung enthält. Er ist somit eine Weiterentwicklung der Darlegungsnorm in Richtung eines umfassenden Qualitätsmanagements“ (Gerull 1998, S. 20) und enthält folgende Kapitel:

„Verantwortung der obersten Leitungsebene

Qualitätssicherungssystem

Vertragsüberprüfung

Design-Lenkung (Projektabwicklung)

Lenkung der Dokumente

Beschaffung

Vom Auftraggeber beigestellte Produkte

Identifikation und Rückverfolgbarkeit

Prozesslenkung

Prüfungen

Prüfmittel

Prüfstatus

Lenkung fehlerhafter Produkte

Korrekturmaßnahmen

Handhabung, Lagerung, Verpackung und Versand

Qualitätsaufzeichnungen

Schulung

Kundendienst

Statistische Methoden“ (Frey 1997, S. 19)

Diese 20 Kapitel sind eine Handlungsanleitung für die Entwicklung eines Qualitätssicherungssystems bzw. für das Schreiben eines Qualitätshandbuchs, durch das sichergestellt werden kann, dass wichtige Entscheidungen in der gesamten Organisation geregelt sind und in der Praxis funktionieren. Sie beschreiben keine Maßnahmen zur Entwicklung von Qualität oder zur Verbesserung von betrieblichen Prozessen. Der Schwerpunkt liegt auf der Organisation der Abläufe von Qualitätssicherung. Daher liegt der Fokus auf der Dokumentation von Zuständigkeiten, Informationsflüssen, Fehlern und der Qualitätspolitik (vgl. ebd., S. 16 ff ).

Die Normen EN DIN ISO 9000 ff. bieten keine inhaltlichen Vorgaben zu Qualitätsstandards, sie enthalten lediglich Verfahrensrichtlinien, die sich auf den Prozess der Produkt-/Leistungserstellung, nicht aber auf das Produkt/die Leistung an sich beziehen. Sie zielen auf eine sog. Zertifizierung ab, wobei unabhängige Gutachter das Vorhandensein und die Wirksamkeit eines Qualitätssicherungssystems anhand der jeweiligen Normkriterien überprüfen. Sind die Kriterien erfüllt und die Zertifizierungskosten (ca. € 15.000,--) bezahlt, wird der Auditor ein Zertifikat erteilen, welches nichts über die Qualität der Prozesse, Leistungen oder Produkte aussagt (vgl. ebd.).

Uns erscheint die Umsetzung der DIN EN ISO 9000 ff. in Einrichtungen der Jugendhilfe problematisch. Gerade im Bereich der sozialen Arbeit lassen sich Beziehungen zwischen Menschen nicht unbedingt in DIN-Normen definieren. Klauß merkt an: ,,Einigkeit besteht in der aktuellen Qualitätsdiskussion darin, dass der Qualitätsbegriff umfassender werden muss als der, der sich z.B. in herkömmlichen Qualitätssicherungsformen wie TÜV, Gütesiegel, Warenzeichen niederschlägt" (1999, S. 13).

Das System der Zertifizierung ist wie vieles Andere in der Verwaltungsmodernisierung der Wirtschaft entliehen. In der Wirtschaft liegt der Vorteil einer Zertifizierung in ihrer klaren Überprüfbarkeit auf internationaler Ebene. Sie bedeutet nichts anderes, als dass ein bestimmter Bereich, ein Betrieb nach bestimmten Managementmethoden geführt wird. Die Zertifizierung bedeutet nicht, dass die Leistungen des Betriebes auf ihre Qualität hin überprüft wurden. Sie sind auch kein Nachweis der Qualität einer Einrichtung oder ihrer Ergebnisse. Sie sind ein Zeichen dafür, dass die Einrichtung das Normen-System korrekt unterhält (Systemzertifikat) und dass der Betrieb über die Anwendung einer Norm zu einer bestimmten Strukturqualität verpflichtet ist, die sich auf seine Produktqualität auswirkt.

2.2.3 Total Quality Management

Die Heimat des Total Quality Managements ist Japan. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde mit Unterstützung US-amerikanischer Forscher zielstrebig die Produktionsqualität verbessert. 1956 hat der US-Amerikaner Armand V. Feigenbaum den Total Quality Control-Ansatz erstmals veröffentlicht. Der zweite „Vater“ dieses umfassenden Qualitätsmodells ist der Japaner Kaoru Ishikawa (vgl. Puch und Westermeyer 1999, S. 112). Das Total Quality Management (TQM) baut auf einer Variante der Systemtheorie auf und hat seinen Ursprung in Kaizen, einer japanischen Managementmethode, bei der davon ausgegangen wird, dass in jedem Betrieb Probleme und Fehler vorkommen und jeder diese unbehelligt zugeben darf, um sie zukünftig zu verhindern. Kaizen wird als permanenter learning-by-doing-Prozess verstanden. Die phänomenalen Erfolge japanischer Unternehmen beruhen auf der These, dass Qualität in allen zielführenden Arbeitsabläufen und Strukturen ständige Aufgabe und zentrales Ziel des Managements ist.

TQM betrachtet Organisationen als sozio-technische Systeme. Das Subsystem „Technisches System“ umfasst Aufbau, Struktur und Arbeitsabläufe einer Organisation, das „Soziale System“ beinhaltet Mitarbeiter und Gruppen sowie deren Beziehungen untereinander und zum „Gesamtsystem“. Im Mittelpunkt, insbesondere beim Anspruch auf Verbesserungen, stehen das „soziale System“ und die Wechselwirkungen beider Systeme. Man geht davon aus, dass technische Arbeitsabläufe nur dann verbessert werden können, wenn die Einstellungen, Verhaltensweisen und Fertigkeiten der Mitarbeiter verändert werden können. Entsprechend liest sich die Begriffsdefinition in der DIN ISO 8402: „Auf der Mitwirkung aller Mitglieder beruhende Führungsmethode einer Organisation, die Qualität in den Mittelpunkt stellt und durch Zufriedenstellung der Kunden auf langfristigen Geschäftserfolg sowie auf Nutzen für die Mitglieder der Organisation und der Gesellschaft zielt“ (Strotmann 1998, S. 24). Der totale Anspruch an die Verantwortung jedes einzelnen Mitglieds für das Bemühen um Qualität wendet sich an alle Mitarbeiter und Führungskräfte einer Organisation und verpflichtet diese zur Mitwirkung. Der Begriff des Geschäftserfolgs wird dabei analog auf den Nutzen für die Mitarbeiter und die Gesellschaft ausgeweitet und bezieht somit das Umfeld des Unternehmens (vgl. Kaminske und Brauer 1996, S. 94) ein.

Das Total Quality Management für Dienstleistungen basiert zudem auf der sog. „Company Wide Quality Control“ (Bruhn 1998, S. 32) und beinhaltet folgende drei zentrale Bausteine:

  • Total: Alle Geschäftsbereiche und Personengruppen, die an der Dienstleistungserstellung beteiligt sind, werden einbezogen.
  • Quality: Alle Maßnahmen des Dienstleisters orientieren sich an den Qualitätsanforderungen der internen und externen Kunden.

Management: Alle Führungskräfte wirken an der ständigen Qualitätsverbesserung mit (vgl. ebd.).

Zentrale Anliegen des unternehmensphilosophischen Konzepts eines umfassenden Qualitätsmanagements sind die Kunden- oder Adressatenorientierung (Bobzien 1996, S. 30), Partnerschaft mit Lieferanten und Kooperationspartnern, Personalentwicklung und -beteiligung, Prozess- und Kommunikationsorientierung (Kaminske und Brauer 1996, S. 56), kontinuierliche Verbesserung und Innovation sowie Führung durch Zielvereinbarungen und die Ergebnisorientierung.

Schwerpunkt von TQM ist die Qualitätsentwicklung, mithin die Steuerung günstiger Rahmen- und Prozessbedingungen für qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen. Zur Umsetzung des TQM-Modells werden über 200 einfach einzusetzende „Werkzeuge“ bzw. „tools“ zur Verfügung gestellt. Dazu gehören beispielsweise die Methoden Projektmanagement, Brainstorming und Qualitätszirkel (vgl. Frey 1997, S. 14).

1.1.1 Systematisiertes Modell der Europäischen Stiftung für Qualitätsmanagement (EFQM)

Immer mehr Organisationen, auch aus dem Sozialbereich, legen ihrem Streben nach Qualität das Modell der European Foundation for Quality Management (EFQM) zu Grunde. Das EFQM-Modell für Business Excellence ermöglicht anhand von neun Kriterien die Evaluation qualitätsrelevanter Gestaltungs- und Ergebnisfaktoren. Es kann flexibel an verschiedene Branchen angepasst werden und deckt wesentliche Qualitätsaspekte von Organisationen deutlich besser ab als das ISO-System (vgl. Zink 1994, S. 1-29).

Als Zusammenschluss von ursprünglich 14 großen europäischen Konzernen und heute über 800 Organisationen hat die EFQM basierend auf dem Total-Quality-Management-Ansatz ein eigenes Qualitätsmodell entwickelt. Es definiert elementare Qualitätsprozesse in einer Organisation, benennt konkrete Qualitätskriterien und ermöglicht Selbstbewertung mittels Fragebogen. Der Bericht kann im Rahmen eines externen Assessments durch Prüfer bewertet werden. Es erfolgt keine Zertifizierung, die Organisation kann aber am European Quality Award teilnehmen.

Das EFQM-Modell umfasst die in der folgenden Grafik abgebildeten neun Beurteilungskriterien und die jeweils zugeordneten Gewichtungsfaktoren und beruht auf folgender Prämisse: „Exzellente Qualität im Hinblick auf Leistung, Kunden, Mitarbeiter und Gesellschaft werden durch eine Führung erzielt, die Politik und Strategie, Mitarbeiter, Partnerschaften, Ressourcen und Prozesse auf ein hohes Niveau hebt“ (European Foundation for Quality Management 1999, S. 8).

Jedem dieser neun Kriterien sind wiederum bestimmte Teilkriterien und diesen wiederum sog. Orientierungspunkte zugeordnet. Anhand dieser Kriterien kann der Weg einer Organisation hin zum Zustand der sog. „Excellence“ bewertet werden. Die Kriterien sind in allen Versionen des Modells identisch. Hinsichtlich der Teilkriterien bzw. der Orientierungspunkte können die Modelle für unterschiedliche Branchen durchaus voneinander abweichen.

1.1.2 Qualitätsdimensionen Donabedians

Im Gesundheitsbereich erfolgte die Differenzierung von Qualitätsmerkmalen anhand der sog. Qualitätsdimensionen. Donabedian unterschied dabei zwischen Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität (vgl. Heiner 1996, S. 29). Mit diesem Modell schuf er ein Analyseinstrument zur Unterscheidung der verschiedenen Aspekte der Qualität der Leistungserbringung. So wurden einzelne Parameter der Qualität definierbar und operationalisierbar. Klauß (vgl. 1999, S. 13) merkt hierzu an, dass sich Qualitätsstandards grundsätzlich auf eine spezifische Qualitätsdefinition beziehen müssen.

Die Strukturqualität (Schubert 1997, S. 52) beschreibt die Voraussetzung für die Versorgung, die Infrastruktur einer Organisation, die sozialen, gesetzlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen (vgl. Puch und Westermeyer 1999, S. 109), sowie Leistungskriterien wie Freiwilligkeit und Niederschwelligkeit (vgl. Lenz 1998, S. 125). Zu den strukturellen Vorgaben des neunten Bundesjugendberichtes gehören die Erfordernis einer Betriebserlaubnis, einer Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarung und Persönlichkeitseignung, Qualifikation und Fortbildung des Personals.

Unter Prozessqualität werden die Qualitätsstandards der Arbeitsprozesse (vgl. Meinhold 1998, S. 42) im psychosozialen Handlungsfeld (vgl. Lenz 1998, S. 127), ergo das konkrete fachliche Handeln, subsumiert. Laut Bundesjugendbericht kommt hier der Fachlichkeit, Beteiligung, Transparenz, Nachvollziehbarkeit sowie der Wahrung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung besondere Bedeutung zu. Zudem sollen koordinierte und strukturierte Vorgehensweisen sowie flexible und individuell ausgestaltete Hilfen sichergestellt werden. Die Beachtung und Förderung der geschlechtlichen Identität, das Prinzip des kleinstmöglichen Eingriffs und angemessene Datenerhebungsmethoden sind weitere prozessbezogene Qualitätsstandards.

Die Zufriedenheit auf Seiten der Klienten, Kostenträger und Mitarbeiter (vgl. Puch und Westermeyer 1999, S. 109), der kausale Zusammenhang zwischen sozialer Arbeit und Zielerreichung und anderen Aspekte des „Outcomes“ (Lenz 1998, S. 128) sind zentraler Bestandteil der Ergebnisqualität. Der neunte Bundesjugendbericht sieht in der altersgemäßen Entwicklung hin zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit, in der Bewahrung vor Gefahren für das Kindeswohl, in der Erhaltung und Pflege der Beziehungen zum sozialen Umfeld, in der Vermittlung ausreichender Erziehungskompetenz, in der Autonomie und im Zusammenhalt der Familie sowie in positiven Lebensbedingungen für junge Menschen und ihren Familien wesentliche Ergebnisfaktoren.

Die einzelnen Qualitätsdimensionen stehen in einem engen kausalen Zusammenhang. Viele Auswirkungen der geleisteten Arbeit, z.B. die Mitarbeiterzufriedenheit, stellen zugleich eine wertvolle Ressource dar. Aber auch umgekehrt gilt: „Anstrengungen sowohl der Struktur- und Prozessqualität sind ohne Bedeutung, wenn im Ergebnis keine Zielerreichung erfolgt. Die Ergebnisqualität kann einerseits als Folgegröße gelten, insofern aus einer Optimierung der Struktur- und Prozessqualität nahezu automatisch ein gewünschtes Ergebnis resultieren muss. Anderseits stellt die Ergebnisqualität aber auch eine Sollgröße dar, welche den Ausgangspunkt für die Dimensionierung der vorhandenen und zugrunde liegenden Qualitätsdimensionen klar definiert“ (vgl. Adler 1999, S. 17).

2 Systematik einer adaptiven Selbstbewertung

Während es in wesentlichen Teilen der gewerblichen Wirtschaft üblich und zweckmäßig ist, Qualitätsmanagement-Modelle über Experten entwickeln und durch Schulungen einführen zu lassen, erweist sich dieser Zugang als ungeeignet für soziale Organisationen. In solchen Organisationen müssen die Mitarbeiter in die Organisationsveränderung (vgl. Engelhardt, Graf und Schwarz 2000, S. 64) des TQM-Prozesses einbezogen werden, da sie nicht nur die fachlich geforderten Kompetenzen beherrschen, sondern auch als Personen überzeugen müssen und zielführende soziale Arbeit immer an individuellen und innovativen Lösungen orientiert ist. Im Kernbereich sozialer Arbeit ist es nicht möglich, eindeutige Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen einer gegebenen Ausgangsposition, bestimmten vereinbarten Zielen und den für ihre Erreichung eingesetzten Methoden herzustellen, da neben und zusätzlich zu den professionellen Aktivitäten andere externe Faktoren Wirkungen entfalten.

So wie jede soziale Organisation die ihr angemessene Organisationsform braucht, benötigt sie ein eigenes maßgeschneidertes Qualitätsmanagementsystem mit Leitbild, Konzepten, Qualitätsstandards, Evaluationsformen, Verfahrensregelungen und Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung. Die Schwierigkeit liegt darin, den für die eigene Einrichtung passenden Weg im Sinne von einem „permanenten, selbstorganisierten Lernprozess“ (Heiner 1996, S. 212) zu finden. Den größten Bekanntheitsgrad haben die Anleitungen EN DIN ISO 9000 ff und das EFQM-Modell. Die konkrete Vorgehensweise ist in keinem der beiden Ansätzen vorgegeben und dennoch - oder gerade deswegen - ist der systembedingte Aufwand erheblich. Soziale Einrichtungen können ein für sie passendes Qualitätsmanagementsystem mit weniger Aufwand mit einem systemisch vorgehenden Ansatz erreichen, mit dem in einer sozialen Einrichtung je nach Ausgangslage die wichtigen Bestandteile des Qualitätsmanagementsystems induktiv Schritt für Schritt aus den bereits bestehenden Elementen der Organisation maßgeschneidert entwickelt werden. Unter wissenschaftstheoretischen Gesichtspunkten entspricht die hier vorgeschlagene Vorgehensweise Max Webers Zugangsweise (vgl. 1956) zu sozialen Phänomenen: Man setzt an einem wichtig erscheinenden sozialen Sachverhalt ein, beschreibt diesen möglichst präzise nach seinen typischen Merkmalen und untersucht seine Verknüpfungen mit anderen sozialen Phänomenen und gelangt induktiv zu umfassenden Strukturen, legt diese aber gerade nicht der Untersuchung zugrunde.

Unter der Überschrift „Systematik einer adaptiven Selbstbewertung“ haben wir ein solches einrichtungs- oder trägerspezifisches Qualitätsmanagementsystem entwickelt. Dabei folgen wir den theoretischen Annahmen eines Total-Quality-Managements, verwenden die Qualitätsdimensionen Donabedians, verknüpfen diese mit den EFQM-Kriterien (außer dem Kriterium „gesellschaftliche Ergebnisse“), bieten den Mitarbeitern und Führungskräften ein Raster für die Erstellung von Qualitätsstandards, geben Verfahrenshilfen für die Durchführung einer Selbstbewertung und zeigen auf, wie mit den Ergebnissen hinsichtlich einer Qualitätsverbesserung weitergearbeitet werden kann.

Das adaptive Selbstbewertungsverfahren ist eine Einstiegshilfe in ein umfassendes Qualitätsmanagement und kann für Jugendhilfeeinrichtungen ein Baustein der in den §§ 78ff SGB VIII geforderten Qualitätsentwicklungsvereinbarung sein. Grundlage ist ein Verständnis von Qualitätsmanagement als Kontextsteuerung, durch das günstige Bedingungen zur Selbststeuerung, Organisation und Entwicklung von Systemen hergestellt werden können. Qualität wird als relational, einrichtungs- und kontextabhängig verstanden und beschreibt einen anzustrebenden Standard, der als mehr oder weniger erfüllt zu bewerten ist. Die adaptive Selbstbewertung basiert auf dem Ansatz der lernenden Organisation und bezieht sich nicht auf die fachliche Qualität der einzelnen Betreuungsangebote, sondern auf das betriebliche System qualitätsrelevanter Unterstützungsstrukturen und -prozesse.

Dieses Verfahren setzt eine große Bereitschaft zur Transparenz, eine fehlerfreundliche Kultur und die Beteiligung aller Anspruchgruppen voraus. Die Fach- und Führungskräfte werden für qualitative Ziele sensibilisiert, ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess wird gefördert und inner- oder überbetriebliche Vergleiche (Benchmarking) werden möglich. Aus der Selbstbewertung können Ansatzpunkte für Verbesserungspläne und Hinweise auf Verständigungsbedarf bei abweichenden Einschätzungen abgeleitet werden. Die Anwendung erscheint problematisch, wenn Betriebsblindheit und mangelnde Selbstkritik den Blick auf eine unvoreingenommene Bestandsaufnahme verwehren oder es zu einer absichtlichen Fehlbewertung durch einzelne Mitarbeiter kommt. Ergebnisverzerrungen können zudem durch eine oberflächliche Durchführung und durch Verfahrensfehler (Verrechnen) entstehen.

Im Vorgriff auf die weiter unten beschriebenen Schritte einer adaptiven Selbstbewertung des Qualitätsmanagements möchten wir hier der Übersicht wegen eine mögliche Zeitschiene skizzieren.

3.1 Festlegung von Qualitätsstandards

Anhand des nachfolgenden Rasters können Einrichtungen oder Träger der Jugendhilfe einrichtungs- oder trägerspezifische Qualitätsstandards definieren. Dabei orientieren wir uns an den drei von Donabedian eingeführten Qualitätsdimensionen und den neun Qualitätskriterien der EFQM. In Abweichung zur EFQM-Terminologie bezeichnen wir die zweite Gliederungsebene unterhalb der Qualitätsdimensionen nicht als Kriterien, sondern als Kategorien. Die Kriterien, oder besser Indikatoren, befinden sich in unserem Modell auf der dritten Gliederungsebene und beschreiben die konkreten Qualitätsstandards. Darüber hinaus haben wir im Bereich der Potentialqualität das EFQM-Kriterium „Politik und Strategie“ in die zwei Kategorien „Qualitätsverständnis“ und „Qualitätsmanagement“ aufgeteilt. Bei den Beurteilungskriterien der EFQM ist das Kriterium „Prozess“ nicht weiter differenziert. Nicht zuletzt aufgrund der umfänglichen Gewichtung dieses Bereichs in der EN DIN ISO 9004/2 haben wir der Struktur Donabedians folgend das EFQM-Kriterium „Prozess“ in die Qualitätsdimension „Prozessqualität“ überführt und in die Kategorien „Entwicklung der Dienstleistung“, „Beschaffung und externe Kooperation“, „Erbringung der Dienstleistung“ und „Darstellung der Dienstleistung“ unterteilt. Um die problematische Bestimmung des Kundenbegriffs in der sozialen Arbeit zu vermeiden, haben wir das EFQM-Kriterium „Kundenzufriedenheit“ durch die Kategorien „Klientenzufriedenheit“ und „Kostenträgerzufriedenheit“ ersetzt. Auf das EFQM-Kriterium „Auswirkung auf die Gesellschaft“ haben wir gänzlich verzichtet, da gesellschaftliche Folgen der sozialen Arbeit immanent und zugleich kaum operationalisierbar sind.

Basierend auf den Überlegungen Donabedians, der EFQM, dem sog. „Organisations-Check“ (Drabner 1997, S. 16ff) und unseren eigenen Vorschlägen legt das adaptive Selbstbewertungsverfahren 13 Qualitätskategorien auf drei Qualitätsdimensionen fest, in denen alle relevanten Elemente eines Qualitätsmanagements in sozialen Dienstleistungsorganisationen zusammengefasst sind. Potential-, Prozess- und Ergebnisqualität sind dabei direkt aufeinander bezogen. Um eine gute Ergebnisqualität zu realisieren, müssen die Prozesse qualitativ hochwertig durchgeführt werden. Dies setzt wiederum ein hohes Maß an Potentialqualität voraus. Umgekehrt stellt ein hohes Maß an Ergebnisqualität in Form einer sehr guten Klienten-, Mitarbeiter- und Kostenträgerzufriedenheit sowie guter Geschäftsergebnisse eine zentrale Größe als Potential für weitere Prozesse dar. Man kann dabei eher von einer „lockeren Verkoppelung“ als von einer vollständigen Interdependenz sprechen. Ergebnisqualität entsteht normalerweise durch gute Qualität der Arbeitsabläufe, kann aber in sozialen Organisationen dadurch nicht garantiert werden, weil eindeutige Ursache-Wirkungsbeziehungen nicht etabliert werden können. Gleichzeitig kann eine gute Potentialqualität nicht garantieren, dass die Mitarbeiter davon auch in der gewünschten Weise Gebrauch machen.

Ausgehend von der Vorstellung eines wünschenswerten Sollzustands (Qualitätsentwicklung und Leistungsverbesserung) werden im Idealfall anhand des nachfolgenden Rasters beobachtbare Kriterien (Indikatoren) als Qualitätsstandards von den Fach- und Führungskräften (vgl. Galuske 1999, S. 267) der jeweiligen Organisation entwickelt und festgeschrieben. Dabei ist es zwingend erforderlich, dass Personen aller Hierarchieebenen beteiligt sind. Methodisch bietet sich hier eine zwei- bis dreitägige Zukunftswerkstatt mit externer Moderation oder aber auch eine ggf. intern moderierte Arbeitsgruppe an. Inwieweit der Betriebsrat oder die Mitarbeitervertretung einbezogen werden müssen oder sollen, hängt von der Rechtsform und der Firmenkultur der jeweiligen Organisation ab. Danach wird von allen Fach- und Führungskräften bewertet, wie weit der gegenwärtige Zustand (Ist) bereits den gewünschten Kriterien entspricht. Die Kriterien dienen dabei zugleich als Qualitätsstandards und als Vergleichsmaßstab. „Ein Standard ist ein an einem Kriterium ausgerichteter erreichbarer Sollwert. Die tatsächliche Leistung wird daran gemessen" (Walbröl 1996, S. 160). Inwieweit der Einstieg in eine adaptive Selbstbewertung der Qualitätsentwicklung dieser Reihenfolge entspricht oder ob es im Sinne einer Einführung nicht zweckmäßiger ist, die eigene Organisation anhand der Beispielindikatoren zu bewerten und erst in einem zweiten Schritt die Indikatoren an die spezifischen Anforderungen der Organisation zu adaptieren, bleibt hier unbeantwortet. Viele Faktoren können bei der diesbezüglichen Entscheidung eine Rolle spielen. Ergibt sich nach einer ersten Durchsicht der Beispielindikatoren ein hohes Maß an Passgenauigkeit mit den Anforderungen der eigenen Organisation? Wie ist die durchschnittliche Vorbildung der Fach- und Führungskräfte und wie gut sind sie für den Prozess der Qualitätsentwicklung motiviert? Nicht zuletzt spielt auch die Frage nach den finanziellen, räumlichen und personellen Ressourcen eine wichtige Rolle.

Die Indikatorenauswahl und -formulierung ist unabhängig vom gewählten Einstieg ein offener, revisionsfähiger Prozess. Änderungen und Ergänzungen der Themen und Indikatoren sind möglich und vermutlich notwendig. Je umfassender und abstrakter ein Begriff ist, desto schwieriger ist er gemeinhin zu operationalisieren. Die Bedeutung eines Qualitätsstandards ist daher häufig umso geringer, je exakter er sich messen lässt. Die Zuordnung bestimmter Indikatoren zu Qualitätskategorien ist zudem nicht frei von Überlappungen. Die Anzahl der Indikatoren pro Kategorie spiegelt deren angenommenen Stellenwert für das betriebliche Qualitätsmanagement wider. Daraus ergibt sich bei diesem adaptiven Selbstbewertungsverfahren ein relatives Übergewicht der Potentialdimension.

In jeder Organisation, und dies gilt im Besonderen für karitative und diakonische Einrichtungen der Sozialarbeit, liegen dem eigentlichen Unternehmensziel ein spezifisches Menschenbild und spezielle Grundhaltungen gegenüber den Adressaten zu Grunde. Sicherlich wird dieser Bereich häufig durch das Leitbild abgedeckt. Trotzdem kommt es häufig zu der Frage, inwieweit sich spezifische Menschenbilder und Grundhaltungen nicht auch in konkreten Qualitätsstandards niederschlagen sollten. Davor möchten wir warnen. Sicherlich könnte ein solcher Indikator beispielsweise lauten: „Bringen die Mitarbeiter den Klienten gegenüber ein uneingeschränktes Maß an Wertschätzung zum Ausdruck?“ Damit würde aber ein solches „Grundhaltungs-Item“ jedem anderen Kriterium gleichgestellt und damit letztlich abgewertet. Gleichzeitig erscheint es äußerst schwierig, solche Fragestellungen zu operationalisieren und zu bewerten. Um dies zu vermeiden, schlagen wir eine „Präambel für das Qualitätsmanagement“ vor. Sie kann die Naht zwischen Leitbild und Qualitätsstandards sinngebend schließen, einen spezifischen Duktus für alle Kriterien festschreiben und im Sinne einer Einführung in die Qualitätsentwicklung von allen Beteiligten gemeinsam erarbeitet und verabschiedet werden.

Ausgehend von dem Zitat „Hier geht es um Menschen, dort um Gegenstände“ (Bauer 1996, S. 25) möchten wir an dieser Stelle beispielhaft die Präambel für das Qualitätsmanagement des Diakonischen Werks Rosenheim zitieren:

„Diakonisches Engagement in der sozialen Arbeit lebt aus der Botschaft und der Erfahrung, dass mit Jesus Christus eine Zeitenwende eingetreten ist, mit der für alle Menschen das endgültige Heil bereits anbricht. Das Handeln Gottes beschränkt sich dabei nicht auf unpersönliche Gaben, sondern vermittelt als Kern dieser Heilsbotschaft, dass Gott in Jesus selbst einer von uns ist. Diese personale Zuwendung geschieht vor aller Leistung, trotz aller Schuld und wider alle Verzweiflung. Selbst das nach menschlichem Ermessen gescheiterte Leben und selbst der Tod stellen keine Grenze dar, die Gottes Zuwendung beschränkt. Diese Botschaft und Erfahrung beschränkt sich nicht auf das Verhältnis zwischen Gott und Mensch, sondern prägt auch die Beziehungen der Menschen untereinander trotz anderen Glaubens, biografischer Hindernisse, scheinbarer Hoffnungslosigkeit und entgegenstehender gesellschaftlicher Strukturen. Die christliche Grundlage diakonischen Engagements kann nicht additiv zu einem ‚neutralen’ Qualitätsbegriff hinzugefügt werden, sondern versteht sich als ein konstitutives Element des Qualitätsbegriffs“ (Dexheimer 1999, S. 2).

Das Raster für eine adaptive Selbstbewertung kann aus urheberrechtlichen Gründen hier nicht dargestellt werden.

3.2 Selbstbewertung des Qualitätsmanagements

Self-assessment ist eine umfassende, systematische und regelmäßige Evaluation der Tätigkeiten und Ergebnisse einer Organisation. Unter Verwendung eines Soll-Standards als Messlatte wird die Selbstbewertung durch die betroffenen Fach- und Führungskräfte selbst durchgeführt. Die Analyse des Ist-Zustands liefert auf der Basis von Fakten und Diskursen und nicht von Einzelmeinungen eine Momentaufnahme der Einrichtung hinsichtlich der zu bewertenden Kriterien. Die Methode der Selbstbewertung ermöglicht über das Medium Ergebniszahlen die Festlegung von betrieblichen Prioritäten und die Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse in konkrete Verbesserungsprojekte. Dadurch werden die Wahrnehmung und das Verhalten der Fach- und Führungskräfte auf ein höheres Qualitätsbewusstsein und auf eine gesteigerte Lernfähigkeit ausgerichtet und ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess initiiert.

An dieser Stelle möchten wir noch einmal darauf hinweisen, dass bei dem hier vorgestellten Verfahren einer adaptiven Selbstbewertung des Qualitätsmanagements nicht die fachliche Qualität des Handelns evaluiert wird. Das weiter oben beschriebene Raster beschreibt lediglich Themen und Beispielindikatoren für ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem. Daher können die Ergebnisse der Selbstbewertung auch keinen konkreten Nachweis über die Güte der Dienstleistung darstellen. Sicherlich kann aber davon ausgegangen werden, dass das Festlegen und die Selbstbewertung von Qualitätsstandards für ein Qualitätsmanagement einen positiven Einfluss auf die Qualität der pädagogischen Arbeit haben wird.

Die Selbstbewertung des Qualitätsmanagements als Maßnahme zur Qualitätsentwicklung einer lernenden Organisation sollte regelmäßig durchgeführt werden. Sicherlich spielen auch hier die verfügbaren finanziellen, personellen und zeitlichen Ressourcen eine entscheidende Rolle. Dennoch sollte der Abstand zwischen den Überprüfungen gerade am Anfang eines Qualitätsentwicklungsprozesses nicht länger als ein Jahr betragen.

Der Zeitaufwand für die eigentliche Selbstbewertung beträgt nur wenige Stunden. Bevor die Selbstbewertung durchgeführt werden kann, müssen aber alle beteiligten Fach- und Führungskräfte zumindest die wesentlichen theoretischen Grundlagen des Qualitätsmanagements kennen. Hierzu bietet sich ein etwa ein- bis eineinhalbstündiges Referat oder aber das Studium von Literatur bzw. von dieser Konzeption an. Das ggf. notwendige einführende Referat und die Moderation der Selbstbewertung sollten von den gleichen Personen durchgeführt werden, die die Qualitätsstandards des Qualitätsmanagementsystems festgelegt haben. Diese Fach- und Führungsmitarbeiter haben sich voraussichtlich intensiv mit der Thematik Qualitätsmanagement auseinandergesetzt und wissen detailliert, warum sie welchen Standard formuliert haben.

Es erscheint nicht zweckmäßig, den Mitarbeitern einfach nur einen Fragenkatalog vorzulegen und sie zu bitten, diesen zu beantworten. Methodisch bietet sich hier vielmehr der Einsatz eines Datenbeamers oder notfalls eines Tageslichtprojektors an. Der Moderator sollte immer einen einzelnen Indikator an die (Lein-)Wand projizieren. Bevor die Mitarbeiter ein Kriterium bewerten, muss sichergestellt sein, dass alle Beteiligten den gleichen Sachverhalt unter dieser Fragestellung verstehen. Dies lässt sich, trotz der sorgfältigsten Vorbereitung und der präzisesten Formulierung, nicht ohne einige erklärende Worte und nicht ohne die Möglichkeit von Rückfragen bewerkstelligen. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass die beteiligten Mitarbeiter lediglich über die Interpretation und das Verständnis eines Kriteriums diskutieren, nicht aber die Bewertung an sich zum Gegenstand der Diskussion wird. Die Bewertung sollte nach der sprachlichen und inhaltlichen Begriffsbestimmung individuell und ggf. auch anonym erfolgen. Dafür kann ein Bewertungsbogen verwendet werden, auf dem jeder Mitarbeiter „seine“ Bewertung des Indikators vermerkt.

Am einfachsten lässt sich mit einem Bewertungsschema von 0 bis 100 im Sinne einer prozentualen Bewertung umgehen. 0% steht dabei für „das Kriterium wird in keiner Weise auch nur ansatzweise erfüllt“. 100% markieren folglich die uneingeschränkte und vollständige Erfüllung. Für jeden der ca. 100 Indikatoren sollen sich die Mitarbeiter einzeln auf einen Prozentrang der Erfüllung festlegen. Sicherlich können auch andere, stärker eingrenzende Bewertungsstufen eingeführt werden. Die bewertenden Mitarbeiter in der Beschreibung von „Zwischentönen“ einzuschränken und stärker fokussierte Bewertungen einzufordern scheint wenig sinnvoll. Dadurch würden Widerstände produziert, ohne dass die Qualität der ermittelten Ergebnisse positiv beeinflusst würde. In der Auswertung würden Bewertungsstufen in Schulnoten oder von 1, 2 oder 3 wiederum in Prozentzahlen umgerechnet.

Nachdem alle Kriterien einzeln vorgestellt, diskutiert und bewertet wurden, können die (anonymen) Bewertungsbögen eingesammelt und ausgewertet werden. Dies kann manuell erfolgen, die Auswertung über eine Tabellenkalkulation erfordert aber deutlich weniger Zeit und macht Verfahrensfehler unwahrscheinlicher. Zuerst wird die Anzahl der Bewertungsbögen festgestellt. Anschließend wird für jeden Indikator die Summe der Einzelbewertungen addiert. Die durchschnittliche Bewertung eines Indikators wird dann durch die Division der Summe durch die Anzahl der Bewertungsbögen ermittelt. In Statistik bewanderte Moderatoren können hier auch auf Aspekte der Abweichung und Streuung eingehen. Nachdem dieses Prozedere für alle Indikatoren abgeschlossen ist, lässt sich der Durchschnittswert der gesamten Selbstbewertung und der jeweiligen Kategorien und Dimensionen errechnen, indem die Summe der durchschnittlichen Bewertung der Indikatoren einer Dimension, Kategorie oder der gesamten Selbstbewertung durch die entsprechende Anzahl von Indikatoren dividiert wird. Am Ende hat man die durchschnittliche Bewertung jedes Indikators, jeder Kategorie und Dimension und die des gesamten Fragebogens. Interessant sind neben den einzelnen durchschnittlichen Ergebnissen vor allem die Abweichungen zum ermittelten Gesamtdurchschnitt. Dadurch lassen sich einzelne Indikatoren, Kategorien und Dimensionen, die im positiven wie negativen Sinne sehr von der Durchschnittsqualität abweichen, sehr schnell ermitteln.

Für die Darstellung der Ergebnisse in Form eines Einrichtungsprofils zum Qualitätsmanagement bietet sich ebenfalls das Datenblatt einer Tabellenkalkulation oder aber ein Diagramm an. In den beiden folgenden Schaubildern wurde das gleiche (fiktive) Ergebnis einmal in Form von Zahlen und das zweite Mal in Form eines Diagramms auf den Ebenen Gesamtqualität, Dimensionsqualität und Kategoriequalität dargestellt.

Während der gesamten Selbstbewertung sollte einer der moderierenden Mitarbeiter Notizen zum Verlauf der Selbstbewertung notieren. Dabei sind allgemeine Beobachtungen, Fragen und Diskussionsbeiträge ebenso wie Beiträge zu den einzelnen Indikatoren und Vorschläge für Verbesserungsmaßnahmen in einzelnen Bereichen relevant. Die Notizen zum Verlauf der Selbstbewertung können bei der Ausgestaltung und Formulierung der Indikatoren eines weiteren Durchlaufs der Selbstbewertung die Arbeit erheblich vereinfachen und Stellen aufzeigen, wo neue Qualitätsstandards definiert oder vorhandene Formulierungen nachgebessert werden müssen.

3.3 Verbesserung des Qualitätsmanagements

Nachdem das Einrichtungsprofil des Qualitätsmanagementsystems den Fach- und Führungskräften dargestellt wurde, steht die Verbesserung des Systems im Vordergrund. Da die Notwendigkeit für Veränderungen (Galuske, 1998, S. 261) von allen Beteiligten erkannt und eingeleitet werden soll, bietet sich dafür generell jeder Indikator und jede Kategorie bzw. Dimension an, die nicht mit 100% bewertet wurden. In der Praxis sollte aber der primäre Fokus auf Fragestellungen gelegt werden, die unterhalb des Gesamtdurchschnitts der jeweiligen Organisation liegen.

Methodisch schlagen wir hier den Ausdruck (pro Indikator ein Blatt) all jener Indikatoren vor, die unterdurchschnittlich bewertet wurden. Diese Indikatoren sollten entsprechend den Kategorien und Dimensionen gegliedert auf eine Wand geklebt oder an Pinnwänden befestigt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten die bewertenden Fach- und Führungskräfte sich ausschließlich mit den vorgegebenen Indikatoren beschäftigen bzw. deren Erfüllung bewerten. An dieser Stelle sollte jedoch eine subjektive Auswahl der Indikatoren erfolgen, die für die beteiligten Mitarbeiter besonders wichtig sind. Eine solche Auswahl lässt sich am einfachsten über eine sog. Mehrpunktabfrage realisieren. Jeder der Mitarbeiter erhält nach der Formel N/2-1 halb so viele Klebepunkte minus einem wie unterdurchschnittlich bewertete Indikatoren vorhanden sind. Wenn 50 Indikatoren angepinnt sind, erhält jeder Mitarbeiter folglich 24 Klebepunkte (50/2-1). Jeder Mitarbeiter soll dann für sich entscheiden, welche der „minderqualitativen“ Indikatoren für die Organisation besonders relevant sind. Das Häufeln, also das Anbringen von mehreren Klebepunkten auf einem Indikator, ist bis zu maximal drei Punkten erlaubt. Nachdem alle Mitarbeiter ihre Prioritäten bestimmt haben, wird die Anzahl der Klebepunkte pro Indikator ermittelt. Gleichzeitig wird die Summe aller Punkte in Bezug auf die entsprechenden Kategorien und Dimensionen ermittelt. Im Ergebnis stellt sich folglich eine Rangfolge der „wichtigen“ und unterdurchschnittlich bewerteten Indikatoren, Kategorien und Dimensionen dar.

Das weitere Vorgehen sollte mit der Dimension beginnen, die hinsichtlich der Gewichtung am meisten Beachtung gefunden hat. Hieraus sollte wiederum die Kategorie gewählt werden, der die höchste bzw. zweithöchste bzw. dritthöchste (je nach Anzahl der Arbeitsgruppen) Priorität zukommt. Das Gleiche wiederholt sich final auf der Ebene der Indikatoren.

In der ersten Arbeitseinheit zur Verbesserung des Qualitätsmanagements wird die Dimension mit der höchsten Priorität gewählt. Die Fach- und Führungskräfte sollten sich in Kleingruppen (drei bis maximal sechs Mitglieder) aufteilen und dann jeweils eine der am stärksten gewichteten Kategorien bearbeiten. In der zweiten bzw. dritten Arbeitseinheit wiederholt sich das Prozedere entsprechend mit der zweit- bzw. letztwichtigsten Dimension.

Jede der Kleingruppen erhält den Auftrag, konkrete Verbesserungsmaßnahmen des Qualitätsmanagements in Bezug auf die jeweilige Qualitätskategorie zu erarbeiten. Sie sollten der weiter oben beschriebenen Logik folgend ihren Fokus auf die hinsichtlich der Erfüllung (eigentliche Selbstbewertung) am schlechtesten bewerteten und hinsichtlich der Gewichtung (Prioritätensetzung) am höchsten bewerteten Indikatoren richten. Anhand eines Kleingruppenszenarios sollen sie die Frage- bzw. Problemstellung der betreffenden Indikatoren konkretisieren, realiter umsetzbare Verbesserungs- und Lösungsvorschläge (Maßnahmen) vorschlagen, beabsichtigte oder unbeabsichtige Nebenwirkungen skizzieren und ggf. offen gebliebene Fragen formulieren.

Das nachfolgende Bild zeigt, wie das Ergebnis einer solchen Kleingruppenarbeit anhand des beschriebenen Szenarios aussehen kann. Im ersten (oben links) Quadrat eines Flipchartpapiers wird die Kernaussage des jeweiligen Indikators möglichst komprimiert notiert. Dies kann beispielsweise ein Schlagwort wie „keine Klientenbefragung“ sein oder aber auch ein Halbsatz wie „Aufnahmeverfahren ist nicht strukturiert geregelt“. Im zweiten Planquadrat (oben rechts) sollen sehr konkrete Vorschläge zur Verbesserung der jeweiligen Fragestellung gemacht werden. Dabei hat es sich bewährt, nicht nur den Lösungsansatz, sondern auch die zeitliche Umsetzung, die Verantwortlichkeiten, die Kontrolle der Umsetzung und die benötigten personellen, materiellen, finanziellen und zeitlichen Ressourcen exakt zu beschreiben. Man kann sich hierbei an dem Prinzip der W-Fragen (was, wie, wann, wer etc.) orientieren. Das dritte (unten links) Quadrat gibt Platz für sog. Nebenwirkungen. Dabei sollten alle Folgen der Umsetzung des Lösungsvorschlags bedacht werden. Offene Fragen und solche, die nicht abschließend beantwortet werden konnten, sollen im vierten (unten rechts) Quadrat dargestellt werden.

Nach etwa zwei bis drei Stunden sollten die Kleingruppen ihr Szenario, ergo ihren Vorschlag zur Verbesserung des Qualitätsmanagements, im Plenum darstellen. Viele Vorschläge werden die Schaffung neuer Arbeitsgruppen oder Qualitätszirkel beinhalten. So lässt sich mit Sicherheit nicht in zwei bis drei Stunden eine Klientenbefragung ausarbeiten. Es kann aber sehr wohl die Durchführung einer solchen vereinbart werden, wie detailliert sie sein soll, bis wann welche Fach- und Führungskräfte eine Vorlage erarbeiten werden, wo und wer über die Vorlage beraten bzw. entscheiden wird und wann ein erstmaliger Durchlauf abgeschlossen sein soll.

Aufgabe aller Fach- und Führungskräfte ist es nun, die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung des Qualitätsmanagements zu bewerten und letztendlich zu einem gemeinsamen Beschluss zu kommen. Bereits zu Ende der ersten Arbeitseinheit wird sich ein erhebliches Maß an Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen. Alle beschlossenen Qualitätsverbesserungsmaßnahmen sollen selbstredend schriftlich dokumentiert und in einen sog. Qualitätsverbesserungsplan übernommen werden. Je nach verfügbarer Zeit kann bzw. sollte eine zweite bzw. dritte Arbeitseinheit weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Qualitätsmanagements liefern.

An dieser Stelle scheint uns noch einmal der Hinweis auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen notwendig. Rom wurde auch nicht in drei Tagen erbaut: Ein umfassendes Qualitätsmanagement erfordert den Einsatz von erheblichen Geldmitteln, Zeit und Engagement. Sicherlich werden letztendlich die Ergebnisse besser sein, wenn die beschlossenen Qualitätsverbesserungsmaßnahmen auch zeitnah umgesetzt werden können. Dies sollte bereits bei der Beschlussfassung bedacht werden. Da es sich bei dem hier vorgestellten Konzept einer adaptiven Selbstbewertung des Qualitätsmanagements um eine Systematik zur regelmäßigen Überprüfung des Qualitätsmanagements handelt, werden solche Schwachstellen, Überforderungen oder oberflächliche Umsetzungen spätestens bei der nächsten Selbstbewertung auffallen und wieder zum Thema werden.

3.4 Weiteres Vorgehen

Nachdem die Qualitätsstandards für ein umfassendes Qualitätsmanagement erarbeitet, die Selbstbewertung des Qualitätsmanagementsystem durchgeführt, die Ergebnisse ausgewertet, das Einrichtungsprofil dargestellt und Maßnahmen zur Verbesserung des Qualitätsmanagements beschlossen und umgesetzt wurden, ist der erste Durchlauf der adaptiven Selbstbewertung des Qualitätsmanagements abgeschlossen. Dies darf aber keinesfalls dahingehend missverstanden werden, dass nun ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem für alle Ewigkeit installiert wäre. Vielmehr lebt ein Qualitätsmanagementsystem von seiner Passgenauigkeit zur jeweiligen Organisation. Insofern muss es analog zu all den anderen Veränderungen in einer Organisation immer wieder angepasst werden. Im Sinne einer Endlosschleife sollten nach spätestens einem Jahr die Qualitätsstandards des Qualitätsmanagementsystems erneut überprüft und angepasst werden. Daran sollten sich wiederum eine Selbstbewertung und schließlich eine Qualitätsverbesserungsplanung anschließen.

4 Diskurs

Die vorliegende Systematik einer adaptiven Selbstbewertung des Qualitätsmanagements formuliert aufbauend auf der Normenreihe EN DIN ISO 9000 ff, dem Total Quality Management Modell, dem systematisierten Modell der Europäischen Stiftung für Qualitätsmanagement und der Dimensionalisierung Donabedians konkrete Fragestellungen, anhand derer die Mitarbeiter und Führungskräfte einer sozialen Einrichtung ein eigenes, maßgeschneidertes Qualitätsmanagement entwickeln und bewerten können.

Dabei wird jede Einrichtung oder jeder Träger für sich entscheiden müssen, welche Standards sie oder er hinsichtlich der Potential-, Prozess- und Ergebnisqualität festlegt. Dennoch ist davon auszugehen, dass die diesbezüglichen Kernaussagen verschiedener Einrichtungen oder Träger nicht maßgeblich voneinander differieren werden. Daher wollen wir an dieser Stelle zum Schluss etwas provozierend ein „Idealbild“ für das Qualitätsmanagement einer innovativen und modernen Einrichtung skizzieren.

Unter der Überschrift Potentialqualität sollten die Leitlinien zur Qualitätspolitik und ethische Standards beschrieben, die Weiterentwicklung und Überprüfung des Qualitätsmanagements geregelt, ein Geschäftsverteilungsplan und Öffentlichkeitsarbeitskonzept erstellt, Stellenpläne und Stellenbeschreibungen entwickelt, Konzepte und/oder Leistungsbeschreibungen ausgearbeitet, Schlüsselprozesse definiert sowie Regelungen zur Qualitätsförderung und ein Beschwerdemanagement eingeführt werden. Darüber hinaus sollten Personalgespräche, Leistungsbeurteilungen, Anforderungsprofile, Einarbeitungsrichtlinien, Regelungen zur Akquirierung, Einarbeitung und Ausbildung von Praktikanten und Ehrenamtlichen, Personalentwicklungskonzepte und klientenorientierte Arbeitszeitmodelle diskutiert und eingeführt werden. Ferner sollten Regelungen zur Akquise von Spenden und Sponsoren, zum Ressourceneinsatz, zum Arbeitsschutz und zur Verfügbarkeit von Informationen getroffen werden.

Hinsichtlich der Prozessqualität bietet sich an, die Bedarfsentwicklung, die Leistungsangebote anderer Einrichtungen und die Anforderungen der Zielgruppen zu überprüfen, die Auftragsvergabe und die Wareneingangskontrolle zu regeln, (Vor-)Leistungen der Kooperationspartner festzulegen und sicherzustellen, dass auf eine größtmögliche Wirtschaftlichkeit (Preis-Leistungsverhältnis) und ökologische Unbedenklichkeit geachtet wird. Zusammen mit den Kostenträgern sollten Regelungen hinsichtlich gemeinsamer Öffentlichkeitsarbeitsprojekte, realisierbarer Erwartungen an die Zielerreichung sowie über die Information bei besonderen Vorkommnissen getroffen werden. Innerbetrieblich sollte sichergestellt werden, dass die Arbeitsorganisation zweckmäßig ist, die Leistungserbringung tatsächlich erfolgt, der Datenschutz eingehalten wird, direkte bzw. vorläufige Ansprechpartner erreichbar sind, die Beteiligung und die Interessenwahrung der Klienten geregelt sind, Absprachen zur Information über besondere Vorkommnisse und den zu informierenden Personenkreis getroffen sind, Fehlerquellen analysiert werden und organisierte Reflexion sowie Fachberatung eine Selbstverständlichkeit sind. Mitarbeiter und Führungskräfte sollten sich für die sozialpolitischen Positionen des Trägers und für die Akzeptanz der Dienstleistungen engagieren, die Unverwechselbarkeit der Angebote durch geeignete Medien darstellen, Regelungen zur Öffentlichkeitsarbeit und zur Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften, Ausschüssen und Projekten vereinbaren sowie das öffentliche Erscheinungsbild überprüfen.

Eine gute Ergebnisqualität kann durch die Überprüfung der Zufriedenheit der Klienten, Kostenträger und Mitarbeiter, durch Klienten-, Kostenträger- und Mitarbeiterbefragungen, durch Überprüfung der Zielvereinbarungen, durch Erkenntnisse über die Einflussfaktoren auf die Zufriedenheit und die Zielerreichung realisiert werden. Zudem sollte der Kontakt zu den Kostenträgern partnerschaftlich geregelt und sollten leistungs- sowie qualitätshonorierende Maßnahmen für die Mitarbeiter eingeführt werden. Das Betriebsklima sollte durch Offenheit, Kooperation und Verlässlichkeit geprägt sein. Die Mitarbeiter sollten sich für die Qualitätsstandards engagieren, sich an betrieblichen Gestaltungs- und Entscheidungsprozessen beteiligen und sich mit der Einrichtung identifizieren. Die Einrichtung sollte wirtschaftliche Zielvorgaben (Budget) und ein wirtschaftliches Controlling haben, den Mitteleinsatz und die Kosten für qualitätsfördernde Maßnahmen überprüfen, personalwirtschaftliche Kennzahlen erheben, Betriebsvergleiche durchführen, die Entwicklungskraft verbessern, Daten für strategische Entscheidungen dokumentieren und bereitstellen sowie relevante Mittel in die Personalentwicklung investieren.

Sollte die Selbstbewertung dieser Idealeinrichtung bei jeder Fragestellung und hinsichtlich aller Kriterien eine lückenlose 100prozentige Bewertung ergeben, sagt dies aber immer noch nichts über die pflegerische, pädagogische oder therapeutische Qualität der Dienstleistung aus. Denn dies wird mit dem hier beschriebenen Modell einer „Adaptiven Selbstbewertung des Qualitätsmanagements“ nicht gemessen!

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