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ISE-Maßnahmen

Konzeption - Abstinenzorientierte Intensive Sozialpädagogische Einzelmaßnahmen für junge Menschen mit einer Störung durch psychotrope Substanzen

1 Träger

Träger der Maßnahme ist das Diakonische Werk Rosenheim (Abteilung Jugendhilfe), in Kooperation mit der Drogenhilfe Inntal e.V..

Das Diakonische Werk Rosenheim ist ein großer anerkannter freier Träger der Jugendhilfe. Die Abteilung Jugendhilfe des Diakonischen Werkes Rosenheim bieten sämtliche Hilfeangebote nach § 27 ff. SGB VIII (KJHG) an. Es unterhält u.a. verschiedene heilpädagogisch - therapeutische Jugendwohngemeinschaften, Beratungs- und Clearingstellen, sowie Angebote der flexiblen Jugendhilfe. Die Dienststellen Flexible Jugendhilfe in Miesbach, Rosenheim und München bieten, neben weiteren Arbeitsschwerpunkten, intensive sozialpädagogische Einzelmaßnahmen im In- und Ausland an.

Die Drogenhilfe Inntal e.V. - Sozialpädagogische Rehabilitation Abhängigkeitserkrankter - wurde im Mai 1995 gegründet. Sie ermöglicht Kindern, Jugendlichen, Heranwachsenden und Erwachsenen mit physischen, psychischen und sozialen Problemen durch die Hilfe zur Selbsthilfe die eigenverantwortliche Teilnahme am Leben in der Gesellschaft, die Überwindung von besonderen sozialen Schwierigkeiten und eine individuelle Entwicklung. Unter Anderem werden drogenabhängige Jugendliche adäquate Hilfen für ein Leben ohne Drogen angeboten.

Durch die Kooperation zwischen dem Diakonischen Werk Rosenheim und der Drogenhilfe Inntal e.V. wird es möglich sein, Jugendliche mit einer Verhaltensstörung durch psychotrope Substanzen in intensive sozialpädagogische Einzelmaßnahmen (ISE-Maßnahmen) aufzunehmen.

Das hier vorgestellte Konzept beschreibt den Rahmen, in dem eine entsprechende ISE-Maßnahme individuell geplant und gestaltet werden kann.

Der Projektleitung gehört sowohl ein/e Mitarbeiter/in des Diakonischen Werks Rosenheim als auch ein/e Mitarbeiter/in der Drogenhilfe Inntal e.V. an. Das Diakonische Werk Rosenheim ist für alle administrative Aspekte wie die Aufnahmeplanung, Maßnahmenplanung, Finanzierung und für die Koordination weiterführender Maßnahmen verantwortlich. Die Projektleitung hält ständig Kontakt zu den Jugendämtern, Angehörigen, Mitarbeitern/innen und jungen Menschen. Die Auslandsrealisierung der individuell geplanten ISE-Maßnahme obliegt der Drogenhilfe Inntal e.V.. Die Mitarbeiter/innen der Drogenhilfe Inntal e.V. unterstützen das Diakonische Werk Rosenheim bei der Maßnahmenplanung. Der/die zuständige Mitarbeiter/in begleitet den jeweiligen jungen Menschen in seinem sozialen Gefüge und reist nach Abschluss aller Vorbereitungen mit ihm gemeinsam nach Sharm el Sheikh in Ägypten. Die Maßnahmen sind generell als 1:1-Betreuungen angelegt. Nach Beendigung der Auslandsmaßnahme wird er / sie ihn in eine durch die Hilfeplanung festzulegende Wohn- und Betreuungsform nach Deutschland begleiten.

2 Zielgruppe

In die intensive sozialpädagogischen Einzelmaßnahmen können junge Menschen beiderlei Geschlechts ab dem 16. Lebensjahr aufgenommen werden, die unter einer Störung durch psychotrope Substanzen leiden und sofort aus der Drogen-, Haft- oder Psychiatrieszene aussteigen, sich stabilisieren, orientieren und Perspektiven für ihren weiteren Lebensweg entwickeln und realisieren wollen.

Das Konsumverhalten dieser jungen Menschen geht deutlich über gelegentliche akute Intoxikationen heraus und führt zu körperlichen und psychischen Störungen und somit insgesamt zu einer Gesundheitsschädigung.

Häufig liegt ein Abhängigkeitssyndrom vor, bei dem der Konsum von Drogen Vorrang gegenüber anderen Verhaltensweisen hat. Dabei verspürt der junge Mensch einen starken, gelegentlich übermächtigen Wunsch psychotrope Substanzen zu konsumieren und hat eine verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Substanzkonsums. Toleranzentwicklungen stellen sich ein, körperliche Entzugserscheinungen werden auffällig und Verhaltensmuster im Umgang mit entsprechenden Substanzen werden zunehmend eingeengt. Schließlich werden Substanzen mit dem Ziel konsumiert, eintretende Entzugssymptome zu mildern. Trotz des Nachweis eindeutiger schädlicher körperlicher, sozialer und psychischer Folgen werden psychotrope Substanzen anhaltend konsumiert. Andere Vergnügungen oder Interessen werden zugunsten des Substanzkonsums fortschreitend vernachlässigt.

Durch die ISE-Maßnahme kann der / die Klient/in

  • kurzfristig eine Krisen-, Überforderungs- und Vereinsamungssituation verlassen.
  • Problembewusstsein und Veränderungsbereitschaft entwickeln.
  • Alternativen zum Drogenkonsum finden.
  • kreative Ausdrucksformen erschließen.
  • Persönlichkeit, Identität und Beziehungsfähigkeit entwickeln.
  • Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft entwickeln.
  • Fremdsprachenkenntnisse erlernen und eine Berufsausbildung machen.
  • einen neuen Lebensentwurf gestalten und in der Planung weitergehender Hilfen umsetzen.

Der Kontakt zu professionellen Hilfsangeboten und zu sozialpädagogischen Fachkräften bleibt durch die ISE-Maßnahme erhalten. Sie unterstützt den jungen Menschen in der Interessenbildung an einer gesellschaftlich anerkannten suchtmittelfreien Lebensführung und eröffnet ihm Erwerbsperspektiven.

Die ISE-Maßnahmen werden in der Regel auf sechs Monate konzipiert und sind in Absprache mit dem zuständigen Kostenträger (Hilfeplangespräch) weiter zu gestalten. Die ISE-Maßnahmen sind abstinenzorientiert. Rückfälle können als Symptom der Problematik toleriert werden und führen nicht zwingend zu einem Abbruch der Maßnahme. In einem Therapievertrag verpflichten sich die jungen Menschen, strafbare Handlungen zu unterlassen und Absprachen mit dem / der für sie zuständigen Mitarbeiter/in einzuhalten. Fortgesetzte Regelverstöße können die Grundlage der ISE-Maßnahme in Frage stellen.

3 Mitarbeiter/innen

Das Diakonische Werk Rosenheim beschäftigt im Rahmen der Flexiblen Jugendhilfe ausschließlich in Deutschland ausgebildetes, anerkanntes pädagogisches Fachpersonal (in der Regel Diplom-Sozialpädagogen/innen und Diplom-Psychologen/innen). Die Mitarbeiter/innen sollen in der Jugendhilfe einschlägige Erfahrungen aufweisen und mind. 30 Jahre alt sein. Die Projektleitung setzt sich aus langjährig in der Abt. Jugendhilfe des Diakonischen Werkes Rosenheim beschäftigen Mitarbeitern/innen zusammen, die neben umfangreichen Fachkenntnissen, Erfahrung im Heimalltag und der ISE-Betreuung sowie Auslandserfahrung einbringen können.

Die Drogenhilfe Inntal e.V. setzt Erzieher/innen, (Diplom-) Heilpädagogen/innen (FH), Diplom-Sozialpädagogen/innen (FH / BA), Diplom-Pädagogen/innen oder Diplom-Psychologen/innen für die sozialpädagogische und Ex-User oder PADI IDC Staff Instructors (Ausbilder von Tauchlehrern) für die arbeits- und erlebnistherapeutische Betreuung der jungen Menschen ein. Die Mitarbeiter/innen verfügen zudem über Fähigkeiten und Fertigkeiten die für die Betreuung von jungen Menschen im Ausland von besonderer Bedeutung sind. Fast alle Mitarbeiter/innen haben langjährige Auslandserfahrung und haben soziale Bindungen in Sharm el Sheikh. Zudem können einige Mitarbeiter Kenntnisse aus anderen Professionen wie BA in Photograph oder TEFL einbringen.

Im Verlauf der Maßnahmenplanung werden den jungen Menschen bestimmte Mitarbeiter/innen zugeordnet.

Die jeweils zuständigen Mitarbeiter/innen werden den Kostenträgern namentlich benannt. Die Drogenhilfe Inntal e.V. schließt mit den Mitarbeitern, nach Absprache mit dem Diakonischen Werk Rosenheim, einen entsprechenden Honorarvertrag ab.

Die ISE-Maßnahme wird von der Projektleitung begleitet und supervidiert. Die Projektleitung nimmt wöchentlich Kontakt (Telefon / Fax / Internet) zu den Mitarbeitern/innen und jungen Menschen in Sharm el Sheikh auf und besucht diese mind. alle drei Monate.

4 Maßnahmenplanung

Alle Anfragen hinsichtlich einer Neuaufnahme in eine ISE-Maßnahme werden an die Projektleitung des Diakonischen Werkes Rosenheim weitergeleitet. Nach Sichtung und Prüfung der durch die anfragende Stelle (Kostenträger, Jugend- oder Drogenberatungsstelle, Justiz) vorgelegten Unterlagen und gegebenen Informationen kann ein Erstgespräch mit dem jungen Menschen vereinbart werden. Gleichzeitig werden alle mit dem jungen Menschen befassten Institutionen und Angehörige kontaktiert.

Sofern eine Aufnahme des jungen Menschen in die ISE-Maßnahme sinnvoll und möglich erscheint, wird das Diakonische Werk Rosenheim eine vorbehaltliche Kostenübernahmeerklärung in Höhe des maximal zu erwartenden Tagessatzes und der mit der Maßnahmenplanung verbundenen Kosten durch den zuständigen Kostenträger beantragen.

Sobald die Kostenzusage schriftlich (ggf. per Telefax) vorliegt, werden weitere Gespräche mit dem jungen Menschen, den Angehörigen und der anfragenden Stelle geführt. Dabei wird die Diagnose, Indikation und Eigenmotivation des jungen Menschen für eine ISE-Maßnahme geprüft. Darüber hinaus werden die Erwartungen aller Beteiligter erörtert und verbindliche Ziele definiert.

Das Diakonische Werk Rosenheim wird in Absprache mit der Drogenhilfe Inntal e.V. eine individuelle Maßnahmenplanung generieren. Dabei werden die Ergebnisse der vorangegangenen Gespräche mit allen beteiligten Personen und Stellen ebenso einfließen wie die Auswertung der vorgelegten Unterlagen. In der Maßnahmenplanung wird der / die betreuende Mitarbeiter/in der Drogenhilfe Inntal e.V., die Dauer und Zielbestimmung der ISE-Maßnahme, die zu erbringenden Leistungen und das angestrebte Setting beschrieben. Bestandteil der Maßnahmenplanung ist die Kostenberechnung. Der ausgewiesene Tagessatz gilt, soweit die geplante Dauer der ISE-Maßnahme nicht verkürzt wird, als verbindliche Höchstgrenze. Er schließt alle mit der Betreuung des jungen Menschen verbundenen Leistungen mit Ausnahme der An- und Abreise (Flug Economy-Class für den jungen Menschen und die jew. Begleitperson) ein. Kosten, die durch ein vorzeitiges Ende der ISE-Maßnahme entstehen, gehen einseitig zu Lasten des Kostenträgers.

Die Maßnahmenplanung wird zusammen mit der Kostenberechnung dem zuständigen Kostenträger zur Bewilligung vorgelegt. Mit Zustimmung des Kostenträgers wird die Maßnahmenplanung Bestandteil des zu erstellenden Hilfeplanes. Durch die Kostenübernahmeerklärung und durch die Eintrittsanzeige erkennt sowohl der zuständige Kostenträger als auch das Diakonische Werk Rosenheim und die Drogenhilfe Inntal e.V. den Vertragscharakter der Maßnahmenplanung an. Sobald die verbindliche Kostenübernahmeerklärung vorliegt, kann die ISE-Maßnahme beginnen. Die Abrechnung der erbrachten Leistungen erfolgt ausschließlich mit dem Diakonische Werk Rosenheim. Das Diakonische Werk Rosenheim vergütet wiederum der Drogenhilfe Inntal e.V. die Durchführung der durch sie erbrachten Leistungen.

Das Diakonische Werk Rosenheim ermöglicht ebenso wie die Drogenhilfe Inntal e.V. die Fortschreibung der Hilfeplanung durch den Kostenträgern. Die Leistungserbringer werden regelmäßig telefonisch und turnusgemäß schriftlich über den Fortgang der ISE-Maßnahme berichten. Drei Monate nach Maßnahmenbeginn wird ein ausführlicher schriftlicher Zwischenbericht zur weiteren Hilfeplanung erstellt. Die weitere Ausgestaltung der ISE-Maßnahme ist durch die Fortschreibung des Hilfeplans festzulegen. Sofern kein Hilfegespräch stattfindet, gilt die von dem Diakonische Werk Rosenheim vorgeschlagene Maßnahme bis zum folgenden Hilfeplangespräch als vereinbart. Einen Monat vor der geplanten Rückkehr des jungen Menschen soll eine Telefonkonferenz mit dem Kostenträger, dem jungen Menschen, dem Mitarbeiter und der Projektleitung stattfinden. Dabei soll die Notwendigkeit weiterführender Maßnahmen oder einer Verlängerung der ISE-Maßnahme besprochen werden.

Der Vor-Ort-Besuch eines Mitarbeiters des jeweiligen Kostenträgers in Sharm el Sheikh ist ausdrücklich erwünscht.

5 Betreuungsangebote

5.1 Vorbereitungsphase

Die ISE-Maßnahmen beginnen grundsätzlich in Deutschland. Der / die zuständige Mitarbeiter/in wird in der Regel den jungen Menschen kennen lernen und mit ihm gemeinsam die Abreise nach Sharm el Sheikh vorbereiten. Vor der Abreise muss sich der junge Mensch einer stationären Entzugsbehandlung, einer Zahnsanierung und einer tauchmedizinischen Untersuchung unterziehen. Dabei wird er von Fachpersonal des Anbieters betreut. Gleiches gilt für eine ggf. noch andauernde Inhaftierung. Während dieser Zeit werden die Flüge gebucht und wird das Reisegepäck zusammengestellt. Am Abreisetag muss ein noch mindestens ein Jahr gültiger Reisepass, ggf. eine Einverständniserklärung sowie eine Haftungsausschluss- und Risikoübernahmeerklärung der Personensorgeberechtigten vorgelegt werden.

5.2 Eingewöhnungsphase

In Sharm el Sheikh lebt der junge Mensch in nächster Nähe zum / zur Mitarbeiter/in. Anfangs steht die Auseinandersetzung mit folgenden Themen im Vordergrund:

  • Kennen lernen der Umgebung und der dort lebenden Menschen
  • Aufbau von tragfähigen Beziehungen
  • Abbau von Ängsten und Befürchtungen bezüglich der ISE-Maßnahme
  • Stabilisierung der Drogenfreiheit und der Therapiemotivation.

Der / die Mitarbeiter/in lernt die Kommunikations- und Interaktionsmuster, Stärken und Schwächen sowie liebenswürdige und problematische Verhaltensweisen des jungen Menschen kennen. Er wird die wahrgenommenen Phänomene mit dem jungen Menschen besprechen und ihn darin unterstützen, sowohl positive als auch negative Anteile der Persönlichkeit zu akzeptieren. Dadurch wird die Flucht vor unerwünschten Anteilen nicht mehr als unausweichlich erlebt. Interesse an einer weitergehenden Auseinandersetzung kann entstehen, ursächliche Probleme werden deutlich, Entwicklungsbereitschaft kann entstehen und individuelle Therapieziele können erarbeitet werden.

Dabei dient die prozessuale Diagnostik als Werkzeug zur Planung und zur Durchführung des therapeutischen Veränderungsprozesses. Diagnostik und Therapie sind fortlaufend im Sinne einer Rückkopplung miteinander verzahnt. Der therapeutische Prozess wird somit als Problemlösungsprozess und als schrittweise Strategie vom Ausgangszustand über die Erprobung hin zur erfolgreichen Durchführung von Lösungsalternativen verstanden.

5.3 Erlebnispädagogik

Viele junge Manschen können aufgrund früher Schädigungen oder aufgrund des langandauernden Konsums von psychotropen Substanzen keine ausreichende Befriedigung in ihrer Arbeit, ihrer Freizeitgestaltung und in ihren Beziehungen erleben.

Erlebnispädagogische Angebote greifen die Sehnsucht nach euphorisierenden Erlebnissen und die Suche nach sinnstiftenden Alternativen zur Droge auf. Der / die Mitarbeiter/in verfolgen einerseits persönlichkeitsorientierte Ziele des jungen Menschen und vermitteln andererseits Handlungs- und Regulationsmöglichkeiten für eine positive Lebensgestaltung im sozialen Umfeld. Durch das Medium der konkreten Aktion kann der junge Mensch neue körperliche, psychische oder spirituelle Erfahrungen machen und

  • individuelle Grenzen kennen lernen und respektieren.
  • Vertrauen zu sich und anderen aufbauen.
  • Verantwortung für sich und andere übernehmen.
  • Leistungsfähigkeit und -bereitschaft entwickeln.
  • Ausweich- und Fluchtverhalten abbauen.
  • Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz steigern.
  • legale Kicks und Glücksgefühle erleben.

Im Laufe der ersten Wochen des Aufenthalts wird der junge Mensch bis hin zum Rettungstaucher ausgebildet. Im "PADI Open Water Kurs" kann er grundlegende theoretische und praktische Fertigkeiten des Tauchsports erlernen. Der "PADI Advanced Open Water Kurs" bietet ihm die Möglichkeit, zusätzliche Taucherfahrung zu sammeln, sein Umweltbewusstsein zu vertiefen und sein Können zu steigern. Durch den "Medic First Aid Kurs" lernt er Grundlagen der ersten Hilfe und der Herz-Lungen-Wiederbelebung kennen und anzuwenden. Der "PADI Rescue Diver Kurs" ist ein weiterer wichtiger Schritt in der Ausbildung des jungen Menschen. Dabei werden ihm Kenntnisse und Erfahrungen vermittelt, sich selbst und anderen Tauchern zu helfen. Neben der Ausbildung wird der junge Mensch viele Tauchgänge zusammen mit dem / der Mitarbeiter/in und anderen Tauchern planen und durchführen können.

Im weiteren Verlauf der ISE-Maßnahme können mehrtägige Ausflüge in die Wüste des Sinai, nach Oberägypten und nach Kairo unternommen werden. Die nähere Umgebung von Sharm el Sheikh bietet viele Möglichkeiten für erlebnispädagogische Aktivitäten. Mit Pferden oder Kamelen kann in nahe gelegene Wadis (ausgetrocknete Flusstäler) geritten werden. Berg- und Klettertouren sind ebenso wie kulturelle Exkursionen zum St. Katharinen Kloster, nach Jerusalem oder nach Petra möglich. Mädchen können wir die Möglichkeit bieten, mehrere Tage zusammen mit den Frauen der Beduinen zu leben und zu arbeiten.

Die erlebnispädagogischen Aktivitäten dienen dem „Leben als Erleben“ und sollen Zufriedenheit, Ausgeglichenheit und Spaß sowie einen sinnerfüllten Lebensentwurf vermitteln. Der / die Mitarbeiter/in macht dabei vor allem deutlich, dass ein gesundes und drogenfreies Leben mehr Genuss vermittelt als jeder kurzfristige Kick durch psychotrope Substanzen.

5.4 Kreatives Gestalten

Die Auseinandersetzung mit kreativen Medien ermöglicht es dem jungen Menschen, sich selbst und seine Welt zu entdecken und eine Beziehung zwischen seiner Persönlichkeit und seiner Umwelt aufzubauen. Damit werden Gestaltungsmöglichkeiten erschlossen und Alternativen zu einem oft ausschließlich passiven Konsumverhalten aufgezeigt. Durch die Entwicklung kreativer Fähigkeiten kann sich der junge Mensch mit sich selbst auseinandersetzen und die eigenen Gefühls- und Gedankenwelt ausdrücken. Die Präsentation des Geschaffenen baut Schwellenängste ab und lässt Erfolgserlebnisse zu.

Die außerordentlich reizvolle Landschaft des Sinais bietet sowohl über als auch unter Wasser eindrucksvolle Photomotive. Einer der Mitarbeiter ist professioneller Photograph (B.A. in Photograph) und kann die jungen Menschen in die handwerklichen und künstlerischen Aspekte der Photographie einführen. Durch die Dokumentation des Lebensraumes kann eine kritische Auseinandersetzung mit der Realität gefördert werden.

Darüber hinaus sind andere Materialien wie Farben, Papier und Ton verfügbar. Einzelne junge Menschen können das traditionelle Handwerk der Beduinen kennen lernen und mit ihnen gemeinsam Weben, Knüpfen und Batiken.

5.5 Beziehungsarbeit

Während seines Aufenthalts setzt sich der junge Mensch mit biographischen Erlebnissen und der zurückliegenden Lebensphase kritisch auseinander. In der Lebensgemeinschaft mit dem / der Mitarbeiter/in kann die Persönlichkeit und Identität des jungen Menschen (nach-) reifen. Innerhalb dieser tragfähigen Beziehung ist es für den jungen Menschen möglich,

  • Nähe, Geborgenheit und Wärme zu erleben.
  • eigene Emotionen zu erleben und auszudrücken.
  • eine angemessene Beziehungs- und Konfliktfähigkeit aufzubauen.
  • das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein zu stabilisieren
  • Überforderungsphantasien und Lebensängsten abzubauen.
  • Lebensziele auszubilden und einen neuen Lebensentwurf zu entwickeln.

5.6 Arbeitserziehung

Die jungen Menschen in der ISE-Maßnahmen verfügen häufig über keine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung. Ihre Arbeitserfahrungen sind unregelmäßig und von Wechseln, Abbrüchen sowie abnehmender Leistungsfähigkeit geprägt. Durch diesen Desintegrationsprozess ging die Fähigkeit und Motivation zur Auseinandersetzung mit dem sozialen Umfeld verloren.

Der junge Mensch ist für die Sauberkeit und Instandhaltung seines Lebensraumes selbst verantwortlich. Die Bewältigung von alltäglichen Anforderungen ist zielgerichtet und nicht ablenkend beschäftigend. Der / die Mitarbeiter/in übt hier eine anleitend unterstützende und kontrollierende Funktion aus.

Die Mitarbeiter/innen sind nebenberuflich als Tauchführer/innen, Tauchlehrer/innen und / oder Photographen/innen tätig und werden in ihrem beruflichen Alltag von den jeweiligen jungen Menschen begleitet und unterstützt. Nach einiger Zeit können konkrete Aufgaben an den jungen Menschen delegiert werden. So kann er sich langsam in eine berufliche Realität eingewöhnen und zunehmend Verantwortung übernehmen. Dadurch wird der Alltag sinnvoll ausgefüllt und gestaltet sowie die Notwendigkeit der Strukturierung des Tagesablaufs vermittelt. Gleichzeitig wird der Wert der eigenen Leistung erkennbar, das Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl gestärkt und die Leistungsbereitschaft gefördert. Die erbrachte Leistung wird analog zu den örtlichen Gepflogenheiten vergütet. Darüber hinaus können die jungen Menschen sich zusammen mit den Mitarbeitern/innen für den Ras Mohammed National Park engagieren oder selbständig in einer der Tauchschulen mitarbeiten. Die Einfachheit und Übersichtlichkeit in der Aufgabenstellung ermöglicht Erfolgserlebnisse und Kontakterfahrungen, die von der Zentriertheit auf die interne und externe Reizüberflutung ablenken und substituierend im Sinne einer Rückfallprophylaxe wirken. Darüber hinaus sollen die jungen Menschen eine gesellschaftlich akzeptierte Einstellung und Haltung zur Erwerbstätigkeit sowie entsprechende Attitüden in der Arbeit entwickeln.

5.7 Beschulung

Wie o.g. haben die meisten jungen Menschen keine abgeschlossene Berufsausbildung und blicken auf eine abgebrochene Schullaufbahn zurück. Unzufriedenheit und Frustrationen im Berufsleben wurden zu suchtverlängernden und rückfallprovozierenden Faktoren. Durch die ISE-Maßnahmen können günstigere Voraussetzungen für den (Wieder-) Einstieg in die schulische oder berufliche Ausbildung geschaffen werden.

5.7.1 Fremdsprachen

Die Mitarbeiter/innen verfügen über sehr gute englische Sprachkenntnisse und geben diese an die jungen Menschen weiter. Das soziale Umfeld in Sharm el Sheikh ist multikulturell, Englisch ist Umgangssprache und Brücke zur Verständigung mit den dort lebenden Menschen. Eine Mitarbeiterin hat eine Berufsausbildung in TEFL und bietet den jungen Menschen strukturierte Englischkurse auf verschiedenen Leistungsstufen an.

5.7.2 Berufsausbildung

Die jungen Menschen können im Rahmen dieser ISE-Maßnahmen eine international anerkannte Berufsausbildung zum PADI Divemaster (Tauchführer/innen) und zum PADI Assistant Instruktor (Tauchlehrerassistent/innen) absolvieren. Sobald ein junger Mensch das 18. Lebensjahr vollendet hat kann er die entsprechenden Kurse und Prüfungen bei einem der PADI Staff Instruktoren ablegen.

Diese Berufsausbildung stellt zum einen eine konkrete berufliche Perspektive in Deutschland oder in anderen Teilen der Welt dar. Darüber hinaus ist sie aber vor allem eine wichtige Stütze für das Selbstvertrauen und für das Selbstwertgefühl. Nach seiner Rückkehr kann der junge Mensch eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen, er muss sich dadurch selbst nicht länger als Schulabbrecher "ohne Beruf" definieren und sich als solcher von seiner Umgebung stigmatisieren lassen.

6 Planung und Organisation weitergehender Hilfen

In der letzten Phase des Auslandaufenthalts werden weitergehende Hilfe in Deutschland geplant und organisiert. Darin sollte sich der neu entwickelte Lebensentwurf ausdrücken und es sollten konkrete Antworten auf folgende Fragen gefunden werden:

  • Durch welche Wohnform können neu erworbene Einstellungen und Fähigkeiten bestmöglich umgesetzt werden?
  • Welche Form der Betreuung erschließt die größtmöglichen Entwicklungschancen ohne eine Überforderung darzustellen?
  • Wie kann die (Wieder-) Eingliederung in eine Schul- oder Berufsausbildung geschehen? Welche anderen beruflichen Perspektiven lassen sich realisieren?
  • In welchen Formen einer aktiven Freizeitgestaltung können dauerhafte Alternativen zum Konsum von psychotropen Substanzen gefunden werden?
  • Welche bestehenden familiären, partnerschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen sollen erhalten und ggf. wie verändert werden?

7 Elternarbeit

Das Diakonische Werk Rosenheim begleitet die Angehörigen der jungen Menschen, so dass diese

  • eine Entlastung von den oft jahrelang erfahrenen Pressuren erfahren.
  • Perspektiven für eine zu erreichende Familiensystemveränderung entwickeln können.
  • neue Handlungskompetenzen im Umgang mit dem jungen Menschen erwerben.
  • sich einer Selbsthilfegruppe oder einem Elternkreis anschließen können.

Darüber hinaus kann eine (Familien-) Therapie angezeigt sein. Entsprechende Kontakte können über das Diakonische Werk Rosenheim angebahnt werden.

8 Weiterführende Maßnahmen

Zum Zeitpunkt der Rückkehr nach Deutschland sollte die Planung und Organisation weitergehender Maßnahmen abgeschlossen sein. In der Regel begleitet der / die zuständige Mitarbeiter/in den jungen Menschen auf seinem Weg zurück nach Deutschland in eine weitergehende Betreuungsform.

An dieser Stelle soll nochmals die Notwendigkeit einer frühzeitigen Fortschreibung der Hilfeplanung betont werden. Weiterführende Maßnahmen müssen Wohnraum, der räumlich gut in die Infrastruktur eingebunden ist, vorhalten. Das vorangegangen beschriebene intensivbetreute Setting impliziert die Notwendigkeit für eine behutsam ausschleichende Betreuung. Auf Wunsch aller Beteiligten wird versucht, dass der junge Mensch von dem / der gleichen Mitarbeiter/in weiter betreut werden kann.

Die weiterführenden Maßnahmen sollen die Integration des jungen Menschen in bestehende Angebote des Diakonischen Werkes Rosenheim oder anderer Träger ermöglichen.

9 Setting

Die jungen Menschen lassen sich zumindest für die Dauer des Auslandaufenthalts auf eine drogen-, gewalt- und straffreie Lebensführung innerhalb der von dem Gesetzgeber festgelegten Grenzen ein.

Der / die jeweilige Mitarbeiter/in ist für die Unterbringung, Verpflegung sowie für die Ausstattung mit Hygiene- und Putzartikel verantwortlich. Der Tagesablauf wird zusammen mit dem jungen Menschen geplant. Der Reisepass und das Flugticket verbleiben während des Auslandsaufenthalts bei dem / der Mitarbeiter/in. Das von dem zuständigen Kostenträger zur Verfügung gestellte Taschengeld wird wöchentlich zu gleichen Teilen ausbezahlt. Die Mitarbeiter/innen unterliegen der Schweigepflicht gegenüber Dritten und haben als staatlich anerkannte Drogenberater ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Jeweils zwei junge Menschen leben gemeinsam in einer großen Wohnung in Sharm el Sheikh. Die Wohnungen befinden sich in einem modernen Gebäude, verfügen über eine eigene Küche, ein Badezimmer, einen Wohnraum und über separate Schlafzimmer. Sie liegen abseits der touristisch geprägten Umgebung in einem primär von Europäern bewohnten Stadtteil (Ras Um Sid). Die jungen Menschen dürfen keine Haustiere halten und sind für die Sauberkeit und Instandhaltung ihres Lebensraumes selbst verantwortlich. Gleiches gilt für die persönliche Hygiene und für das Hab und Gut. Sie dürfen drogenfreie Freunde und Bekannte einladen. In Absprache mit den Mitbewohnern/innen und den zuständigen Mitarbeitern/innen dürfen diese in der Wohnung übernachten.

Die Mitarbeiter/innen leben in unmittelbarer Nähe zu den jungen Menschen. Dort können sich die jungen Menschen und Mitarbeiter/innen treffen, gemeinsame Abende gestalten und organisatorische Angelegenheiten besprechen.

Der junge Mensch begleitet und unterstützt den / die Mitarbeiter/in in der Ausübung seiner Nebenberufstätigkeit (20 Tage im Monat). Jeder junge Mensch ist für sein Frühstück und sein Mittagessen selbst verantwortlich, entsprechende Utensilien werden zusammen mit dem / der Mitarbeiter/in eingekauft. Frühstücks- oder Lunchpakete können bei auswärtigen Aktivitäten mitgenommen werden. Abends treffen sich in der Regel alle jungen Menschen und Mitarbeiter/innen und essen gemeinsam zu Abend. Erlebnispädagogische und kreative Aktivitäten in der Freizeit (6 Tage im Monat) werden von dem / der Mitarbeiter/in und dem jungen Menschen gemeinsam geplant und durchgeführt. Einen Teil der Freizeit (5 Tage im Monat) kann der junge Mensch selbst oder mit anderen gestalten. Private Aktivitäten müssen bis Mitternacht (02:00 Uhr an freien Tagen) beendet sein. Die Verlängerung der Ausgangszeiten oder das Übernachten außerhalb der Wohnung bedürfen der Zustimmung des / der jeweiligen Mitarbeiters/in.

Alle organisatorischen und inhaltlichen Fragen, die sich durch die Parallelität mehrerer ISE-Maßnahmen an einem Ort ergeben, werden in der wöchentlich stattfindenden Projektgruppe erörtert. Daran nehmen alle in Sharm el Sheikh lebenden jungen Menschen und Mitarbeiter/innen teil. Darüber hinaus stehen die Beziehungen untereinander und die individuelle Problematik im Mittelpunkt. Der Verlauf der ISE-Maßnahme wird gemeinsam reflektiert, Schritte zur gegenseitigen Hilfestellung werden besprochen.

Bei Bedarf können neben dem alltäglichen Kontakt therapeutisch geprägte Einzelgespräche vereinbart werden.

10 Evaluation

Die ISE-Maßnahmen basieren auf einem wissenschaftlich begründeten Therapiekonzept. Die Effektivität der Betreuung ist hinsichtlich struktureller und prozessualer Aspekte, der Personalausstattung, dem Ausbildungsstand der Mitarbeiter/innen, der Qualität und Quantität der Betreuungsangebote sowie der Ergebnisse des Aufenthalts überprüfbar. Als Maßnahme zur kontinuierlichen Qualitätssicherung der Betreuungs- und Therapieangebote wird eine summative und differentielle Evaluation der Konzeption und der ISE-Maßnahmen durchgeführt. Damit kann die Qualität abgesichert und verbessert, sowie eine bedarfsgerechte, regelmäßige und den neuesten Erkenntnissen entsprechende Versorgung der jungen Menschen gewährleistet werden.

Der Einsatz einer eigens für die spezifischen Anforderungen von ISE-Maßnahmen erarbeiteten Basisdokumentation ermöglicht eine exakte anonymisierte Auswertung aller relevanter Klientendaten und der durch die ISE-Maßnahme erzielten Veränderungen.

Die vorliegende Konzeption wird ständig weiterentwickelt, praxisnahe Erfahrungen können so kontinuierlich einbezogen werden. Die Konzeptevaluation beschäftigt sich mit der Maßnahmenplanung, deren Umsetzung, dem Indikationsmodell sowie der Evaluation zentraler Konzepthypothesen

11 Organisatorisches

11.1 Versicherungen

Das Diakonische Werk Rosenheim schließt für den jungen Menschen eine Haftpflicht-, Unfall- und Auslandskrankenversicherung ab. Die Haftpflichtversicherung schließ Schäden an geliehenen Sachen ein. Zudem wird durch die Drogenhilfe Inntal e.V. für den / die Mitarbeiter/in eine Auslandsrechtsschutzversicherung und für den jungen Menschen eine Tauchunfallversicherung abgeschlossen.

11.2 Reisegepäck

Jeder junge Mensch sollte zu Beginn der ISE-Maßnahme ausreichend Kleidung für warme und kalte Tage (Naturfasern), vier Badehandtücher, einen warmen Schlafsack, ein Moskitonetz, einen Kassettenrecorder, eine Tauchuhr (z.B. Swatch), einen Reisewecker, ein Fahrrad sowie Schreibzeug mitbringen. Darüber hinaus sollten Tampons und Verhütungsmittel ebenfalls in Deutschland eingekauft werden.

11.3 Infrastruktur

Eine hochwertige und dem deutschen Sicherheitsstandard entsprechende Tauchausrüstung wird den jungen Menschen durch die Mitarbeiter/innen der Drogenhilfe Inntal e.V. zur Verfügung gestellt. Gleiches gilt für eine Photoausrüstung und andere Materialien für das kreative Gestalten.

Das Diakonische Werk Rosenheim beabsichtigt den Mitarbeitern/innen ein Kraftfahrzeug für die Arbeitserziehung und für erlebnispädagogische Maßnahmen, einen Kassettenrecorder mit Mikrophon für den Englischunterricht, eine Photoausrüstung für das kreative Gestalten und ein Schlauchboot mit Außenbordmotor zur Verfügung zu stellen.

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